Walldorf
(zg) Es lag wohl daran, dass er schon zur ungewöhnlichen Zeit am Samstagmorgen vor einem vollen Saal sprechen konnte und deshalb zu einer kämpferischen Hochform auflief. Der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel eröffnete zusammen mit dem Bundestagskandidaten der FDP, Jens Brandenburg im Walldorfer Gasthaus „Stern“ den Wahlkampf der Liberalen zur Bundestagswahl am 22. September. Eingangs hatte Brandenburg die Versammlung eröffnet und umrissartig seine Vorstellungen für den neuen Bundestag vorgestellt. Diese deckten sich weitgehend mit den pointierten Ausführungen des Ministers.
Niebels Kernaussagen: Die schwarz-gelbe Regierung aus FDP und Union kann eine sehr ordentliche Bilanz ihrer Arbeit vorlegen. „Es waren vier wirklich gute Jahre, und wir lassen uns den Erfolg nicht kleinreden“, sagte Niebel. Den Erfolg wollen die Liberalen zusammen mit der CDU in der nächsten Legislatur fortsetzen. Es werde voraussichtlich ein sehr knappes Wahlergebnis geben, und der Minister warnte eindringlich vor einer „Mehrheit links der Mitte.“
Laut Dirk Niebel „haben wir jetzt die niedrigste Arbeitslosenquote seit der Wiedervereinigung und den höchsten Stand der Beschäftigten in Deutschland überhaupt.“ Der Wohlstand und die Einkommen der Menschen seien in den vier Jahren weiter gestiegen, und die Steuer-Einnahmen des Staates hätten einen neuen Höchststand erreicht. Deutschland habe kein Einnahmeproblem. Dass Deutschland wirtschaftlich so gut dastehe, sei „das Ergebnis einer liberalen Wirtschaftspolitik. Und wir haben die gemacht!“, hob der Minister hervor. Die FDP stehe weiterhin für eine Politik, die wirtschaftliches Engagement unterstütze und nicht durch neue Steuern und Auflagen behindere. Gerade in Baden-Württemberg, dem Land des Mittelstandes, seien auch „die kleineren und mittelständischen Unternehmen, die Handwerker und Freiberufler Motoren unseres Wohlstandes.“
„Grün-Rot will den Bürger abkassieren“
Zur Steuerpolitik sagte der FDP-Politiker Dirk Niebel auf der Wahlkampferöffnung im Gasthaus „Stern“: „Die anderen Parteien wollen den Bürger abkassieren.“ Angeblich soll es dabei „nur die Reichen treffen.“ Er staune aber, „wer alles bei den Roten und Grünen schon reich ist und zur Kasse gebeten werden soll:“ Gut verdienende Facharbeiter und Angestellte, der Mittelstand, die Selbstständigen und Eheleute mit guten Einkommen. Niebel verteidigte die steuerlichen Vorteile des Ehegattensplittings und die Pendlerpauschale, die die Grünen abschaffen wollen und lehnte eine höhere Steuerbelastung der Bürger ab. Die in der Diskussion stehende Erhöhung der Erbschaftssteuer, die Einführung der Vermögenssteuer und einer Exportsteuer gefährdeten sowohl Tausende von Arbeitsplätzen als auch den Wohlstand im Land.
Scharfe Worte fand der Minister zum Vorschlag der Grünen, einen vegetarischen Tag je Woche verpflichtend einzurichten. „Ich entscheide selbst, was ich essen will und lasse mir das nicht von grünen Gouvernanten vorschreiben.“ In der Bildungspolitik kritisierte Niebel die finanzielle Bevorzugung der Gemeinschaftsschule, die zur Ausblutung der anderen Schularten führe. „Wir brauchen ein Bildungssystem der Vielfalt, der Chancengerechtigkeit und der Durchlässigkeit. Wir brauchen keine Einheitsschulen, weil wir keine Einheitskinder haben.“ Das gegliederte Schulsystem sei erfolgreich und deshalb auch zu erhalten.