Virtuose Flötentöne vor vollem Haus
Die Laurentiuskapelle platzte aus allen Nähten beim ersten Konzert der Stadt Walldorf in diesem Jahr. Bürgermeister Matthias Renschler stellte sogar seinen Platz zur Verfügung, damit eine weitere Besucherin die Veranstaltung sitzend genießen konnte. Der städtische Musikbeauftragte Dr. Timo Jouko Herrmann zeigte sich in seiner Begrüßung hocherfreut, dass das Konzertjahr mit ausverkauftem Haus beginnen konnte.
Mit den „Flûtes fatales“ – bestehend aus den Flötistinnen Cathrin Ambach, Ulrike Lamadé, Katrin Heller und Stephanie Wagner – hatte Herrmann ein Quartett engagiert, das bekannt ist für mutige stilistische Grenzgänge und große Experimentierfreude. Die Musikerinnen spielen nicht nur auf gängigen C-Flöten, sondern bringen auch andere Mitglieder der Flötenfamilie wie Piccolo-, Alt- und Bassflöte in ihre Programme mit ein.
Schon der Beginn machte klar, dass es kein gewöhnliches Konzert werden würde: Die Musikerinnen eroberten sich musizierend die Bühne und stimmten mit „No more blues in samba“ von André Engelbrecht in Cathrin Ambachs effektvollem Arrangement auf den Abend ein. Es folgten zwei poetisch-impressionistische Klangbilder, die der Komponist Eugène Bozza unter dem Titel „Jour d‘été à la montagne“ zusammengefasst hat. Zunächst durchfluteten die weit geschwungenen Melodiebögen und stilisierten Vogelrufe der in zarten Klangfarben wiedergegebenen „Pastorale“ den Raum, bevor im zweiten Satz „Aux bords du torrent“ die Klangkaskaden nur so übereinander stürzten. Die atemberaubende Virtuosität, mit der die vier Musikerinnen sich hier die rasanten Läufe zuspielten, sorgte im Saal für große Begeisterung. Danach stand mit „Four flutes grooving“ eine Eigenkomposition von Ensemblemitglied Stephanie Wagner auf dem Programm. Wagner hat in diesem ebenso mitreißenden wie unterhaltsamen Stück eine Vielzahl moderner Spieltechniken verwendet – von Beatboxing über Klappengeräusche bis hin zum Lippen-Pizzicato war alles dabei. Die dargebotene Vielfalt an Klängen war schlichtweg atemberaubend.
Im Anschluss spielten sich die Musikerinnen bei „Running“ von Antonio De Angelis wie bei einem Staffelllauf die motorisch-drängenden Motive zu und stachelten sich gegenseitig zu instrumentalen Höchstleistungen an. Gelegenheit zum Durchatmen bot die folgende, über einem groovigen Ostinato der Bassflöte anhebende gemütvolle „Schernau Samba“ von Gerhard Schäfer in einer Bearbeitung von Cathrin Ambach. Vor der Pause zauberte das Ensemble mit „Bazaar“ von Heike Beckmann ein exotisches Klangbild auf die Bühne. Wie eine Schlangenbeschwörerin eröffnete Ulrike Lamadé mit verführerisch-lockenden Klängen ihres Piccolos die orientalische Szenerie. Die rhapsodisch angelegte Komposition nahm insgesamt durch ihren großen Abwechslungsreichtum – inklusive melodramatischer Zwischenrufe – für sich ein.
Den zweiten Teil eröffnete das Quartett mit dem ebenso spannungsreichen wie rhythmisch mitreißenden Stück „Steel City“ von Gareth McLearnon – einem Werk, das ursprünglich für großes Flötenorchester konzipiert war und von Stephanie Wagner eigens für die „Flûtes fatales“ eingerichtet wurde. Als Ruhepunkt folgte „Peace“ aus der Feder des berühmten Jazzpianisten Horace Silver, ebenfalls von Stephanie Wagner äußerst klangschön für das Ensemble arrangiert. Mit „Wake up!“ von Tilmann Dehnhard in Stephanie Wagners Bearbeitung wurden Musikerinnen wie Publikum jäh aus der zauberischen Ruhestimmung gerissen. Getrieben vom unnachgiebigen Rhythmus eines piepsenden Weckers absolvierten die Musikerinnen diese den Puls nach oben treibende Morgenroutine. Ein Klassiker im Repertoire des Ensembles ist die Komposition „Folly“ des Jazzmusikers Mike Mower. Das Werk faszinierte durch seine Vielschichtigkeit, Jazz- und Latin-Rhythmen trafen hier auf polytonale und improvisatorische Abschnitte. Einen zauberhaften Ruhepunkt bildete im Anschluss Karmen Mikovics Arrangement des Songs „A Nightingale sang in Berkeley Square“ von Manning Sherwin, bei dem drei Altflöten und eine Bassflöte für einen wunderbar warmen und weichen Klang sorgten.
In „Levada“ gab es noch einmal eine Begegnung mit der originellen Komponistin Heike Beckmann. Die „Flûtes fatales“ sorgten in diesem an Klang- und Rhythmuspatterns reichen Werk für teils hypnotische Klangwolken, deren Sogwirkung sich niemand entziehen konnte. Van Morrisons Klassiker „Moondance“ in einer klangschönen Bearbeitung von Katherine Spencer beendete effektvoll das Programm. Das Publikum war hingerissen und spendete tosenden, von zahllosen Bravo-Rufen durchbrochenen Applaus. Um eine Zugabe kam das sympathische Quartett daher nicht herum. Mit viel Feuer präsentierten die Musikerinnen den populären brasilianischen Choro „Tico-tico“, bei dem noch einmal die Piccoloflöte in höchsten Lagen jubilieren durfte.
Info: Nächstes Konzert ist am Donnerstag, 13. Februar, 19 Uhr, in der Laurentiuskapelle das Kammerkonzert des Gymnasiums Walldorf. Der Eintritt ist frei,
Platzkarten sind an der Rathaus-Pforte erhältlich.
Text: Stadt Walldorf
Fotos: Pfeifer