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Borsch4Breakfast ernten beim Konzert der Stadt stürmischen Applaus

5. Juli 2024 | > Walldorf, Allgemeines, Das Neueste, Photo Gallery

 

Unbändige Freude am Musizieren

Mit stehenden Ovationen und nicht enden wollendem Jubel ging das letzte Konzert der Stadt Walldorf vor der Sommerpause zu Ende. Die restlos ausverkaufte Veranstaltung fand bei schönstem Sommerwetter im lauschigen, von Thomas Lundschien in zauberhafte Farben getauchten Innenhof der Stadtbücherei statt.

 

 

Für den Abschluss der Konzertsaison hatte der städtische Musikbeauftragte Dr. Timo Jouko Herrmann das unkonventionelle Quartett Borsch4Breakfast engagiert. Die jungen Musiker Ratko Pavlovič, Ionel Ungureanu, Christoph Rehorst und Henrik Dewes traten in der ungewöhnlichen Besetzung Akkordeon, Violine/Viola, Kontrabass und Gitarre auf und boten einen musikalisch erstklassigen und dabei äußerst unterhaltsamen Abend. Mit einer unprätentiösen und sympathischen Art eroberte sich das Quartett schnell die Herzen des Publikums. Die große instrumentale Meisterschaft und Virtuosität der vier Künstler kam dabei völlig natürlich daher. Da wirkte keine Geste einstudiert, und schon nach den ersten Takten war klar, dass sich die Vier blind verstehen. Ihre unbändige Freude am gemeinsamen Musizieren war authentisch und steckte unmittelbar an.

Das künstlerische Profil von Borsch4Breakfast ist vielgestaltig und wandelbar, nicht einmal ansatzweise lässt sich das Ensemble in eine der gängigen Schubladen stecken. Stilistisch kennen die vier Musiker schlichtweg keine Grenzen, sie verknüpfen bei ihren Auftritten Klassisches und Avantgardistisches, Jazz, Swing, Folkloristisches und Populäres. Den Instrumenten entlocken sie dabei die wunderbarsten Klangfarben, die in immer neuen Kombinationen geradezu zum Hinhören zwingen. Da gibt es geräuschhaftes Col-legno-Spiel, perlende Richochet-Striche, unheilschwangeres Tremolo, ätherische Flageoletts, bohrende Ostinati, rhythmisches Klopfen auf dem Instrumentenkorpus – der Ideenreichtum der vier Musiker ist offenbar grenzenlos. Dabei muss ausdrücklich gesagt werden, dass in den Arrangements von Borsch4breakfast der Einsatz dieser speziellen Spieltechniken keineswegs aus reiner Effekthascherei heraus geschieht, sondern immer im musikalisch-dramaturgischen Kontext des jeweiligen Stückes begründet liegt. Eigentlich müsste man jedes einzelne der dargebotenen Werke ausführlich würdigen, doch dies würde den Rahmen sprengen.

 

 

Das Programm gestaltete sich insgesamt äußerst abwechslungsreich. Es bot neben bewegten, oft tänzerisch geprägten Nummern – wie etwa Manuel de Fallas „Primera danza española“ in Ratko Pavlovičs Arrangement – auch immer wieder Raum zur Kontemplation, wie etwa in Henrik Dewes‘ klug gebauter und klanglich einnehmender Komposition „Gegen das Gefühl“ und Ionel Ungureanus einfühlsamer Bearbeitung von Duke Ellingtons „In a sentimental mood“. Die Liebe der vier klassisch ausgebildeten Musiker zur Tradition manifestierte sich im „Danse macaborsch“, einem Arrangement von Saint-Saëns‘ berühmtem „Danse macabre“ aus der Feder von Henrik Dewes. Mit einer schier überbordenden Fülle an Farben und klanglichen Valeurs zelebrierte das Quartett diese Phantasmagorie. Die Bearbeitung erwies sich dabei als so überzeugend, dass man das Original nicht im mindesten vermisste. Als letztes Stück vor der Pause erklang Ionel Ungureanus „Wandelweg“, ein stark von Jazz-Einflüssen geprägtes Werk, dessen kompositorische Struktur trotz der stellenweise hohen Klangdichte immer durchhörbar blieb. Die vier Musiker trieben ihre Interaktion hier geradezu auf die Spitze, es war, als ob man einer hitzigen Diskussion in Tönen lauschte, in der es – durchaus bewusst – mehr Fragen als Antworten gab. Ein spannungsreicher und origineller Cliffhanger vor der Pause, in der sich das Publikum bei gekühlten Getränken erfrischen konnte.

Nach der Pause führte Henrik Dewes‘ klanglich fein ausbalanciertes Arrangement des Lieds „Makedonsko Devojče“ von Jonče Hristovski charmant in den eher folkloristisch geprägten zweiten Teil des Abends hinein. Als echte Kabinettstücke erwiesen sich die folgenden drei von Henrik Dewes arrangierten Gitarrenetüden des Brasilianers Heitor Villa-Lobos. Schon in der ersten Nummer des Triptychons beeindruckte das perfekte Zusammenspiel der Musiker, die sich die virtuosen Motivfragmente mit geradezu spielerischer Leichtigkeit zuwarfen. Das zweite Stück, eine Studie über gebrochene Dreiklänge, gestalteten die Vier mit swingender Rhythmik als wahres Farbfeuerwerk, während das dritte Stück wie von einer unheimlich-dämonischen Energie getrieben wirkte – ein Eindruck der durch Dewes‘ Wechsel von der akustischen zur E-Gitarre noch verstärkt wurde.

Henrik Dewes‘ „Borscheley“ überraschte als humoristisches Melodram, in dem alle vier Musiker abwechselnd auch als Sprecher fungierten. Das deutsche Volkslied „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“ traf hier auf Motive aus Smetanas Moldau und den traditionellen englischen Shanty „What shall we do with the drunken sailor“. Geschickt wurde im rezitierten Text Brentanos romantisches Poem „Lore Lay“ mit dem allseits bekannten Heine-Gedicht und Erich Kästners hintergründig-ironischer Ballade „Der Handstand auf der Loreley“ aus dem Jahr 1932 kombiniert. Dramaturgisch klug platziert war Ionel Ungureanus Bearbeitung der berührenden „Hebrew Melody“ von Joseph Achron, deren Schluss durch den finalen Wechsel vom melancholisch-klagenden Viola-Ton zum jenseitig-hellen Klang der Violine äußerst berührend geriet.

Mit einem fetzigen Arrangement des durch Quentin Tarantinos Kultfilm „Pulp Fiction“ berühmt gewordenen, traditionellen, aus dem osmanischen Raum stammenden Liedes „Misirlou“ endete der offizielle Teil des Programms. Mit der letzten Note brandete enthusiastischer Applaus auf, in den sich zahllose Bravo-Rufe mischten. Erst nach zwei Zugaben, bei deren letzterer Ionel Ungureanu wohl einen neuen Temporekord im Geigenspiel aufstellte, ließ das Publikum die vier Musiker von der Bühne. Die begeistert applaudierenden Besucherinnen und Besucher standen Spalier und zollten so den vier Musikern von Borsch4Breakfast noch einmal höchsten Respekt.

 

 

Text: Stadt Walldorf
Fotos: Pfeifer/Stadt Walldorf

 

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