Heidelberger Historiker Engehausen präsentierte auf Einladung von Landtagsvizepräsident Born sein Werk „Werkstatt der Demokratie“
Schwetzingen. Auf Einladung von Landtagsvizepräsident Daniel Born war der Heidelberger Historiker Frank Engehausen zu Gast im Schlossrestaurant „Blaues Loch“. In einer anregenden Gesprächsrunde stellte Engehausen sein kürzlich erschienenes Buch „Werkstatt der Demokratie. Die Frankfurter Nationalversammlung 1848/49“ vor. Landtagsvizepräsident Born hatte den außerplanmäßigen Professor am Historischen Seminar der Universität Heidelberg eingeladen, weil die Stärkung der Demokratie zu Borns wichtigsten Anliegen zählt: „Unsere Demokratie lebt vom Engagement jedes Einzelnen und deshalb ist sie kein Selbstläufer, sondern eine Errungenschaft, für die es sich jeden Tag aufs Neue zu engagieren gilt“, so der Landtagsvizepräsident.
Engehausen führte zu Beginn des Gesprächs aus, dass wir heute zu wenig über die Ideen und Ideale der Paulskirchen-Demokratie sprechen würden: „In meinem Buch geht es auch darum, herauszufinden, was an Ideen und Träumen erarbeitet wurde – und um die Frage, ob die Demokratie der Paulskirche wirklich gescheitert ist.“ Die Paulskirchen-Versammlung habe Positives zur Demokratie-Bildung in Deutschland beigetragen, auch wenn die Mehrheit keine Demokraten waren. „Durch ihre Arbeit am Grundrechtekatalog, beim Wahlrecht und beim Gedanken der Volkssouveränität hat die Nationalversammlung Standards gesetzt, die nachfolgende Generationen nicht mehr einfach ignorieren konnten“, so Engehausen.
Auf die Frage Borns, wie schnell sich das Parlament an parlamentarische Verfahren gewöhnt habe, führte Engehausen aus, dass die erste Sitzung in einem großen Chaos geendet habe, sich die Versammlung danach aber schnell eine Geschäftsordnung gegeben habe; Orientierung hätten die Abgeordneten dabei an den existierenden Landtagen gefunden. Die Frage von Sabine Rebmann, Vorsitzende der SPD Schwetzingen, warum ausgerechnet die Paulskirche als Sitz der Versammlung gewählt worden sei, wusste Engehausen mit der Größe der Paulskirche und dem Status von Frankfurt als freier Stadt zu beantworten.
Durch das Scheitern der Nationalversammlung seien viele Chancen verloren gegangen, bspw. die Juden-Emanzipation – aber klar sei auch, so Engehausen, dass das Ziel der Paulskirchen-Mehrheit, einen demokratisch fundierten Nationalstaat mit einem Kaiser an der Spitze zu gründen, erhebliche Probleme mit sich gebracht hätte, denn die europäischen Nachbarn hätten mit großer Besorgnis auf das Paulskirchen-Experiment geblickt.
Born dankte Engehausen für die spannenden Einblicke in eine der bedeutendsten Bewegungen für die Einführung von demokratischen Prinzipien in Deutschland und Europa: „Der gemeinsame Blick auf ein wichtiges Kapitel unserer Demokratiegeschichte gibt wichtige Impulse für politisches Handeln heute: Die Bedeutung von demokratischen Institutionen und Bürgerbewegungen, das Ringen um Freiheit und Gleichheit als Herausforderung für eine pluralistische Gesellschaft – das sind nach wie vor relevante Themen. Dass das Land Hessen einen Demokratie-Gedenktag vorgeschlagen hat, halte ich deshalb für den richtigen Impuls – in meinen Augen wäre der richtige Tag für einen deutschen Demokratie-Gedenktag der 18. Mai, der erste Tag der Paulskirchen-Versammlung.“
Quelle: Daniel Born