Das Erzählcafé „Walldorfer erzählen Walldorf“, organisiert von Klaus Winnes und Reiner Menges, bietet allen Interessierten immer wieder die schöne Gelegenheit, mehr über Walldorf zu erfahren.
Hatte Klaus Winnes im Januar über die Walldorfer Flur- und Gewannnamen informiert, war nun Menges an der Reihe, um mit vielen Bildern auf „70 Jahre Waldschwimmbad“ zurückzublicken. Dafür gab es am Ende von den mehr als 60 Zuhörern im Speisesaal des Astor-Stifts viel Applaus. „Das war hoch interessant“, sagte Bürgermeister Matthias Renschler stellvertretend für die Besucher. „Schön, dass wir so viele Interessenten begrüßen dürfen“, freute sich Klaus Winnes eingangs der Veranstaltung.
„Das Walldorfer Waldschwimmbad, so hieß es mal“, sagte Reiner Menges mit dem launigen Hinweis, dass man „heute ganz modern“ in den AQWA Bäder- und Saunapark gehe, wobei der Begriff das lateinische Wort für Wasser („aqua“) und die Stadt Walldorf verbindet. 1950 habe die Geschichte des Schwimmbads begonnen, so Menges, im Gewann Kümmelwiesen. Das trägt seinen Namen wegen des „armen Bodens“, es habe dort „viel Kies“ gegeben und es sei „nur wenig gewachsen“, darunter die namensgebenden Kümmelstauden. „Dann entstand dort der erste Walldorfer Fußballplatz“, erinnerte Menges. Und 1950, als in Deutschland langsam der Bauboom nach dem Zweiten Weltkrieg startete, habe ein Heidelberger Unternehmen dort Kies ausgebaggert, um diesen zu vermarkten. Was blieb, war die Kiesgrube.
Bürgermeister Wilhelm Schmelcher (von 1946 bis 1954 im Amt) und der damalige Gemeinderat hätten dann die Idee verwirklicht, an dieser Stelle ein Schwimmbad zu bauen, „sehr fortschrittlich“ zu dieser Zeit, so Menges. Per Antrag bei der alliierten Militärregierung bat man um Mithilfe beim Bau: Und tatsächlich rückte ein amerikanisches Pionierbataillon an, um mit Baggern, Planierraupen und weiterem schwerem Gerät aus dem Baggerloch einen Badesee zu formen. „So ist dieser schöne See entstanden“, sagte Menges zu einem passenden Schwarz-Weiß-Foto aus den frühen fünfziger Jahren. Die Einweihung fand 1953 statt. Menges hatte die Eintrittspreise aus jener Zeit mitgebracht: Kinder zahlten für eine Tageskarte 20 Pfenning, Erwachsene 50 Pfennig. Die Jahreskarte kostete für Kinder vier, für Erwachsene acht D-Mark, für „über 60-jährige Einheimische“ gab es „Sonderkarten“ zum Preis von zwei D-Mark und die Familie mit beliebig vielen Kindern zahlte für das ganze Jahr 15 D-Mark.
Neben „wunderschönen Schwimmbadbildern“ zeigte Reiner Menges auch Fotos von Personen, die mit dem Bad eng verknüpft sind: so unter anderem den ersten Bademeister Karl Willinger, mit Heinrich Hagmaier den ersten Pächter der damals drei Kioske und Lehrer Walter Treibel, der vielen Kindern das Schwimmen beigebracht habe. Für das Foto vom „Knutschbiggele“ erntete er zahlreiche Lacher. Der erste Sprungturm, ein Ein- und ein Dreimeterbrett, die im See auf einer Betonplattform nahe am Ufer standen, war ebenso zu sehen wie zwei damals sicher exotisch anmutende Palmen im Eingangsbereich. Menges machte deutlich, wie beliebt das Bad war: „Es gab Wochenenden, da waren es über 10.000 Besucher.“ Also „mehr Leute im Bad als Walldorf Einwohner hatte“. Er machte auch eine interessante Beobachtung: So ist auf den Bildern aus den fünfziger und sechziger Jahren kein einziger Sonnenschirm zu sehen. Den obligatorischen Sonnenbrand, so der Kommentar des schmunzelnden Referenten, habe die Mutter dann daheim mit Salatöl oder Nivea-Creme behandelt. Statt des Schirms hatte aber praktisch jeder Badegast seinen „Teppich“ dabei, wie der Walldorfer bekanntermaßen zur „Decke“ sagt.
Auf den in den sechziger Jahren sinkenden Grundwasserspiegel wurde reagiert: Schlamm musste aus dem See gebaggert werden, sodass wieder 14 Meter Wassertiefe hergestellt waren – ein Problem, das sich wiederholen sollte. Die letzte umfangreiche Geländemodulierung rund um den See, der längst zum „Krater“ geworden war, fand 2011 statt.
Ab 1965 kamen laut Menges neben dem Planschbecken weitere Schwimmbecken hinzu: erst das Nichtschwimmer-, dann das Sport- oder Olympiabecken.
Der mit Eternit gedeckte Eingangsbereich wurde später ebenfalls neu gestaltet.
Und auch von mehr oder weniger freiwilligem ehrenamtlichem Einsatz konnte Menges berichten: So habe im heißen Juni 1967 der damalige Bürgermeister Wilhelm Willinger (1954 bis 1974 im Amt) angesichts des Andrangs an den beiden Kassen seine Gemeinderäte angewiesen, im Wechsel vor Ort zu kommen und alle Gäste mit Zeitkarten ins Bad zu lassen, um die Schlangen rasch kleiner werden zu lassen.
„1971 kam das Hallenbad hinzu“, erinnerte Menges. Inzwischen ist es aber auch schon wieder Geschichte: 2011 wurde das neue Hallenbad eingeweiht und das alte abgerissen. „Walldorf hat einiges gemacht“, zeigte er Bilder des Saunabereichs und der großen Rutsche, der Salzlounge und der Seebühne. Sein Fazit: „Wir haben eine wunderschöne Anlage.“ Und das wüssten nicht nur die Walldorfer zu schätzen, sondern auch viele Besucher von außerhalb.
Klaus Winnes kündigte zum Abschluss an, dass er beim nächsten Erzählcafé (Donnerstag, 9. März, um 15 Uhr Beginn mit Kaffee und Kuchen, ab 15.30 Uhr Vortrag im Speisesaal des Astor-Stifts) über Walldorfer Betriebe sprechen wird.
Text und Fotos: Stadt Walldorf