Beim Monitoring gibt es viel zu tun – Vom Stellen der Schutzzäune bis zum Füttern der Tiere
Hans-Joachim Fischer muss nicht einmal sein Fernglas bemühen, um die Haubenlerche zu erspähen. „Dass sie sich hier auf den Zaun setzt, zeigt, dass im Nest alles okay ist“, sagt der Diplom-Biologe. Fischer, einer der drei Geschäftsführer des Büros Spang. Fischer. Natzschka mit Sitz in Wiesloch, ist mit einem fünfköpfigen Team im Auftrag der Stadt für das sogenannte Haubenlerche-Monitoring zuständig, das es in allen Haubenlerchen-Vorkommen in Baden-Württemberg gibt. Wie viel Arbeit das ist? „Manchmal bin ich in fünf Minuten fertig.“ Und dann kann es sich an einem anderen Tag aber auch wieder über Stunden hinziehen.
Die Haubenlerche, die der Biologe heute beobachtet, ist der männliche Teil des Brutpaars, das sein Revier im Südpark hat, der deshalb großflächig mit Zäunen geschützt wird. Im Nest befinden sich drei Jungvögel. „Wenn die drei durchkommen, sind es dieses Jahr schon acht, die ihre Nester verlassen“, sagt Fischer.
Die Population der hochgradig vom Aussterben bedrohten Art zu vergrößern, ist eines der Ziele, die mit dem großen Aufwand des Monitorings verfolgt werden. Zwei Bruten im Jahr sind die Regel, hier im Südpark ist es die erste, beim Paar weiter im Osten waren es schon zwei. Das Büro hat im Frühjahr sogar noch drei Paare in Walldorf gezählt, die sich, standorttreu wie sie sind, ähnliche Reviere wie im Vorjahr gewählt haben, dazu kam ein „unverpaartes Männchen“.
Eins der Paare hat man zwischenzeitlich aus den Augen verloren, worüber sich Fischer aber keine größeren Sorgen macht: „Es kann vorkommen, dass sich während der Brutzeit etwas im Bestand ändert und ein Paar abwandert. Das kommt im Frühjahr wieder“, zeigt er sich überzeugt.
Während die von der Unteren Naturschutzbehörde zum Schutz der Haubenlerche verhängte Ausgangssperre für Katzen bundesweit für Schlagzeilen und teils auch für Empörung gesorgt hat, beobachtet Fischer vor Ort, dass die umstrittene Verordnung „eigentlich gut wirkt“ und sich die meisten Katzenhalter offensichtlich auch daran halten. Sein Team und er haben schon im Frühjahr großflächig schützende Kunststoffzäune rund um die Reviere gezogen, die vergleichsweise niedrig sind, aber auch nur dazu dienen sollen, Menschen und Hunde davon abzuhalten, über die jeweiligen Wiesen und Felder zu laufen. „Wir haben über zwei Kilometer Zaun“, sagt er und fragt rhetorisch: „Will man die wirklich drei Meter hoch machen?“
Erst wenn Nester gebaut werden und die Eier gelegt sind, stellt das Büro Elektrozäune. „Wir können ja nicht den ganzen Südpark mit einem Elektrozaun sicher machen“, sagt Fischer. Als erweiterte Schutzmethode gegen Feinde aus der Luft wie Elstern hat man beim jüngsten Bruterfolg auch eine Voliere über das Nest stellen wollen. „Aber das Paar hat es nicht angenommen“, sagt der Biologe. Bei allen Maßnahmen gilt es nach seinen Worten, behutsam vorzugehen, da die Vögel während des Nestbaus, der Eiablage und der Brut empfindlich auf Annäherungen und Störungen reagieren. Lärm mache ihnen dagegen nichts aus: Sind die Jungtiere flügge geworden, gehen auch die Eltern wieder in die Nähe der Menschen, suchen auf Parkplätzen nach Nahrung oder ziehen sich auf die Dächer von Carports und Häusern zurück. Schon jetzt lassen sie sich von Radfahrern oder Spaziergängern in angemessener Entfernung nicht stören.
Dass ausgerechnet in Walldorf durch das Landratsamt mit der Allgemeinverfügung eine so drastische Schutzmaßnahme ergriffen wurde, erklärt sich Fischer mit der Nähe zum Wohngebiet. In Reilingen beispielsweise seien die Reviere 800 Meter weit von der Bebauung weg, zudem lägen die viel befahrene B39 und der Kraichbach dazwischen. Deshalb komme dort keine Katze ins Haubenlerchen-Revier. Und Umsiedeln könne man die Walldorfer Vögel nicht. „Das kann man mit Eidechsen machen. Aber die Haubenlerchen sind Vögel. Die fliegen einfach wieder zurück.“
Das Brutpaar im Südpark wird von Fischer und seinem Team mit Mehlwürmern, Maden und Käferlarven „möglichst abwechslungsreich“ ergänzend zur eigenen Nahrungssuche gefüttert, „damit sie ihre Brut gut versorgen können“.
Die eigentlich spannende Zeit kommt aber erst noch: Die Jungvögel, zum Zeitpunkt des Besuchs 13 Tage alt, werden ungefähr ab dem 20. Tag ihres Lebens das Nest verlassen und die ersten Flugversuche unternehmen. Dann können sie auch vom höchsten Zaun nicht mehr geschützt werden. Während sich Fischer um die älteren Vögel, die im Schnitt zwölf Jahre alt werden, für einen kleinen Singvogel eine recht hohe Lebenserwartung, wenig Sorgen macht, sieht das bei den Jungtieren anders aus: Die sind ihren Feinden – ob Katze, Marder oder Elster – zunächst vergleichsweise schutzlos ausgeliefert. „Am 34. Lebenstag kann ein Jungvogel einer Elster entkommen“, hat er selbst beobachtet. „Aber das hängt auch davon ab, welche Erfahrungen er gesammelt hat.“ Ungefähr zwei Wochen mit höchster Alarmstufe also, die auch die aktuelle Brut überstehen muss.
Für den Biologen geht die Arbeit auch danach noch weiter. Erst mit weiteren Beobachtungen, im Herbst werden die Zäune abgebaut und im frühen Winter die neuen Aufenthaltsgebiete der Vögel, meist auf Feldern, auf denen sich Nahrung finden lässt, aufgesucht. „Das ist ein wichtiger Lebensabschnitt, um Energie anzufuttern.“
Text und Foto: Stadt Walldorf