Jahresrechnung 2023 mit gestiegenen Erlösen in allen anderen Sparten
„Öffentliche Bäder dienen der ‚Daseinsvorsorge‘ und sind ein Kulturgut, das es zu erhalten gilt. In keinem anderen Bereich treffen Menschen unterschiedlichster Kulturen, verschiedener Herkunft, unterschiedlichen Alters und sozialer Schichten aufeinander, wie es in den Bädern der Fall ist. Der ‚normale Betrieb‘ dieser Einrichtungen beschert den Betreibern wie Städten und Stadtwerken erhebliche Verluste in Millionenhöhe, die ausgeglichen werden müssen. Das ist solange möglich, wie Gewinne und Überschüsse in anderen Sparten erwirtschaftet werden.“
So heißt es in einer Pressemitteilung der Arbeitsgemeinschaft öffentliche Bäder Baden-Württemberg, zu deren Mitgliedern auch der AQWA Bäder- und Saunapark gehört. Dessen Betreiber sind die Stadtwerke Walldorf, mit deren Jahresabschluss 2023 sich der Gemeinderat vor Kurzem beschäftigt hat. Und das Ergebnis spiegelt exakt die obige Aussage wider: Ohne das AQWA hätten die Stadtwerke ein positives Unternehmensergebnis von mehr als 1,1 Millionen Euro erwirtschaftet. Da der Bäderpark allerdings einen Verlust von mehr als 3,8 Millionen verzeichnen musste, bleibt für die Stadtwerke unterm Strich ein Minus von knapp über 2,7 Millionen Euro. Das wiederum wird letztlich von der Stadt Walldorf getragen. 2022 hatten die Stadtwerke ein Minus von 1,2 Millionen zu verkraften, damals hatte der Verlust des AQWA noch 3,2 Millionen betragen.
Der gesamte AQWA Bäder- und Saunapark hat 2023 etwas mehr als 228.000 Besucherinnen und Besucher verzeichnet, 10.000 weniger als im Jahr zuvor. Dabei ist vor allem im Freibad ein starker Rückgang von mehr als 135.000 auf noch knapp 106.000 Badegäste zu verkraften. Das ist laut Bericht der Stadtwerke „auf die Witterung in den Monaten Juli und August zurückzuführen“. Grundsätzlich sehe man „ein scheinbar durch Corona geändertes Nutzerverhalten“, sodass in allen Bereichen auch bei optimalen Witterungsbedingungen „nicht die Tagesspitzen erreicht werden, wie dies vor der Pandemie der Fall war“. Positiv entwickelt haben sich gegenüber dem teils noch von aus der Energiekrise resultierenden Schließungen geprägten Vorjahr dennoch die Zahlen im Hallenbad (von 83.000 auf rund 94.000 Gäste), Sauna (von 19.000 auf 26.000) und Salzlounge (von 225 auf 2255). Die Einnahmen aus dem Bäder- und Saunabetrieb lagen bei rund 1,3 Millionen Euro. Um keinen Verlust zu machen, müsste das AQWA seine Eintrittspreise also vervierfachen.
Schwierig waren 2023 auch der Strom- und Gasmarkt. Die hohen Bezugskosten hatten die Stadtwerke gezwungen, die Strom- und Gaspreise zu Jahresbeginn zunächst stark anzuheben. Dank des schon Ende 2022 einsetzenden Preisverfalls auf den Großhandelsmärkten konnte man den Kunden aber bereits zu Beginn des zweiten Quartals 2023 sinkende Energiepreise in Aussicht stellen. Die frühe Ankündigung hat aus Sicht der Stadtwerke größere Kundenverluste in Walldorf verhindert und „uns das starke Vertrauen unserer Kunden vor Augen“ geführt. Im Umland hätten die Kunden allerdings deutlich preissensibler reagiert, sodass die Stadtwerke bis Jahresende beim Strom rund zehn Prozent und beim Gas knapp fünf Prozent der Kunden verloren haben. In Walldorf beträgt der Marktanteil in beiden Segmenten noch über 80 Prozent.
Unter dem Strich gelangen in allen Sparten (außer dem Bäderbetrieb) von der Stromversorgung bis zu den Dienstleistungen Steigerungen beziehungsweise gleichbleibende Erlöse, die zusammen genommen von 36,7 auf 49,6 Millionen kletterten. Gleichzeitig haben sich aber auch die Kosten für Personal- und vor allem Materialaufwand deutlich erhöht, auch die Abschreibungen und sonstigen betrieblichen Aufwendungen fielen höher als im Vorjahr aus. An Konzessionsabgaben für Strom, Gas und Wasser führten die Stadtwerke 737.000 Euro an die Stadt ab, etwas mehr als 2023, aber ungefähr im Mittel der vergangenen zehn Jahre. Mit neuen Darlehen bei der Stadt in Höhe von 16,7 Millionen und einer Tilgung von zwei Millionen erhöhte sich der Bestand an Darlehen zum Jahresende 2023 auf 42,8 Millionen Euro.
Katrin Siebold ging in der Stellungnahme der CDU-Fraktion auf die „Preiskapriolen“ auf dem Energiesektor ein, einer Krise, die an den Stadtwerken nicht spurlos vorbeigegangen sei. Das Unternehmen habe bei Strom und Gas „Federn gelassen“, dennoch die „Dominanz in einem umkämpften Marktsegment“ behalten. Grundsätzlich sehe man aber die Stadtwerke nicht nur als Versorgungsunternehmen, sondern vor allem auch als „wesentlichen Baustein für die Energiewende“, so Katrin Siebold.
„Die energiepolitischen Turbulenzen haben sich beruhigt“, stellte Petra Wahl (SPD) fest. Der erhöhte AQWA-Verlust sei durch das Wetter und ein verändertes Nutzerverhalten bedingt. „Es bleibt wichtig, dass die Kinder Schwimmen lernen“, sagte sie. Mit dem teilweisen Ausgleich des Bäderparkt-Verlusts leisteten die Stadtwerke „einen bedeutenden Beitrag“.
Auf dem Energiesektor hätten die Stadtwerke ihre Erlöse gesteigert, beim AQWA sei dagegen der Verlust gestiegen, zog Dr. Günter Willinger für die FDP Bilanz. Dass die verlustreiche Bädersparte mit den Gewinnen wenigstens zum Teil ausgeglichen werde, sei „politisch so gewollt“. Willinger sagte mit Blick auf die jüngsten Baumaßnahmen im Freibadbereich: „Besonders wichtig sind für uns die Investitionen“, einen Sanierungsstau, wie bei vielen anderen Bädern im Land, gebe es in Walldorf nicht.
Als „wichtig“ für die Kundentreue in Walldorf bezeichnete Nele Böhm (Bündnis 90/Die Grünen) die sinkenden Energiepreise in der zweiten Jahreshälfte. Mit Blick aufs AQWA machte sie deutlich: „Ein kostendeckender Eintritt wäre für die meisten Bürgerinnen und Bürger nicht möglich.“ Bei Maßnahmen im Rahmen der Energiewende hätten die Stadtwerke allerdings noch „viel Luft nach oben“ und in Sachen Windenergie dürfe man sich nicht von Bürgerentscheiden in anderen Kommunen bremsen lassen.
Zustimmen zu allen Beschlussvorschlägen konnte auch Mihriban Gönenç (Zusammen für Walldorf).
Aufgrund der Befangenheit mehrerer Aufsichtsräte wurde zunächst unter dem Vorsitz des Ersten Beigeordneten Otto Steinmann über die Entlastung des Aufsichtsrats abgestimmt, die einhellig erteilt wurde. Danach konnte Bürgermeister Matthias Renschler, der Aufsichtsratsvorsitzender ist, wieder den Vorsitz übernehmen und der komplette Gemeinderat beschloss ebenso einstimmig den Vortrag des Jahresfehlbetrags auf neue Rechnung.
Text und Foto: Stadt Walldorf