Jugendamt setzt auf frühe Wahrnehmung von Alarmsignalen
Erste Zahlen über die Anzahl der Kindesschutzverfahren für das Jahr 2017 liegen vor
Die Zahl der eingegangenen Gefährdungsmeldungen und eingeleiteten Kindesschutzverfahren steigt auch im Rhein-Neckar-Kreis weiter. Während im Jahr 2015 noch 226 Kindesschutzverfahren eingeleitet wurden, waren es im Jahr 2016 bereits 269 und im Jahr 2017 – nach den ersten Zahlen – bereits über 400. Das bedeutet, dass dem Jugendamt im Jahr 2017 mindestens einmal täg-lich „gewichtige Anhaltpunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen“ gemeldet bzw. bekannt wurden. „Damit haben wir im dritten Jahr in Folge eine Steigerung der Verdachtsfälle, im Vergleich zum Jahr 2016 sogar um über die Hälfte“, bilanziert Jugendamtsleiterin Susanne Keppler. Hinter die-sen Zahlen verbergen sich menschliche Tragödien und vor allem Kinder, die Hilfe brauchen. „Die Entwicklung der letzten Jahre sehen wir mit Sorge“, sagt
Bei dieser Bilanz gibt es aus Sicht des Jugendamtes auch einen positiven As-pekt. Jede Meldung ist ein Indiz dafür, dass die Öffentlichkeit wachsam ist und hinschaut. Kinderschutz wird mehr und mehr als gesamtgesellschaftliche Auf-gabe wahrgenommen. Das Vertrauen in das Jugendamt als Schutzbehörde, ist gewachsen, so die Jugendamtsleiterin. „Wir warten nicht ab, sondern strecken die Fühler aus und setzen auf die frühe Wahrnehmung von Alarmsignalen“, betont Keppler. Viele Meldungen kommen auch aus Schulen, Krankenhäusern, von der Polizei oder den Ärzten. Seit Inkrafttreten des Bundeskinderschutzgesetzes sind viele Berufsgruppen dem Schutz des Kindes verpflichtet worden.
„Agieren geht vor Reagieren“, lautet der Leitgedanke im Kindesschutz beim Rhein-Neckar-Kreis. Sobald eine Meldung eintrifft, erfolgt eine Risikoüberprü-fung. Je nach Ergebnis der durchgeführten Prüfung und Einschätzung der Fachkräfte werden dann Maßnahmen eingeleitet: Diese reichen von der Erziehungsberatung, Stärkung der Elternkompetenzen, ambulanten Hilfen für die Familie bis hin zur Inobhutnahme. Inobhutnahmen von Kindern und Jugendlichen mit oder gegen den Willen von Eltern, sind die letzte Möglichkeit in ganz akuten Gefährdungsfällen. Für die im Jahr 2017 als gefährdet gemeldeten Kindern und Jugendliche gab es für 124 nach der Risikoeinschätzung Entwarnung. Bei weiteren 139 Kindern und Jugendlichen ergab die Prüfung zwar keine akute Gefährdung, aber Beratungs- und Unterstützungsbedarf. Eine mittelfristige Kindeswohlgefährdung durch psychische oder physische Schädigungen ließen die Alarmglocken der Kinderschützer in 87 Fällen schrillen, hier waren bereits Maßnahmen erforderlich, die vom Jugendamt kontrolliert werden. Bei 39 Minderjährigen zeigte die Gefährdungsskala nach der Überprüfung „rot“ für die akute und unmittelbare Gefährdung eines Kindes. Hier musste sofort gehandelt werden.
Gesetzlicher Hintergrund:
Den Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung hat das Grundgesetz über das Achte Sozialgesetzbuch (SGB VIII) dem Jugendamt in die Wiege gelegt. Sie müssen dann als staatliche Garanten für das Kindeswohl auf der Hut sein, wenn Eltern ihrer Fürsorgepflicht nicht ausreichend nachkommen können oder wollen.