Ein Artikel aus unserem Medienverbund – www.schwetzingen-lokal.de
(mr – 16.9.14) Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen“, so Aristoteles, der vor 1647 Jahren geboren wurde und natürlich nichts vom Schwetzinger Schloss wissen konnte.Dies wurde erst 983 Jahre später, im Jahr 1350, zum ersten Mal als Feste urkundlich erwähnt.Dieses mittelalterliche Wasserschloss kam 1427 in den Besitz des Kurfürsten Ludwig des dritten.Als Jagdschloss mehrfach umgebaut wurde es gegen Ende des Dreißigjährigen Kriegs zerstört. Aus Liebe zu Luise von Degenfeld ließ Kurfürst Karl Ludwig das Schwetzinger Schloss wieder aufbauen.Bekannt ist in erster Linie der im 18. Jahrhundert angelegte Schlossgarten.
Verpacken von Jahrhunderte alten Kostbarkeiten…
Aus dieser Epoche stammen auch die meisten Kunstgegenstände, wie Gemälde, Skulpturen und Möbel.Diese über 500 kostbaren Originale aus der Ausstattung der kurfürstlichen Appartements wurden nun in der vergangenen Woche sorgfältig verpackt.
Mittlerweile befinden sich die Kostbarkeiten, aus den kurfürstlichen Räumen des Schlossmuseums, im sicheren Depot der Staatlichen Schlösser und Gärten in Karlsruhe. Nun kann die Sanierung der Stadtfassade des Schwetzinger Schlosses beginnen, um durch rechtzeitige Sanierung dem Zahn der Zeit Paroli bieten.
…und professionell verstauen
Kaum Vergleichbares hatte diese spektakuläre Aktion, denn im Umfang und Komplexität übertraf sie mit ihren Anforderungen bei weitem das, was sonst bei Aktionen dieser Art zu bewältigen ist.Sie kamen, staunten und genossen, die Kollegen von Zeitung, Rundfunk und Fernsehen, denn die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg luden aus diesem Anlass zu einem Werkstattgespräch mit Restaurator Thomas Merkl und Dr. Saskia Esser, der Leiterin des Bereiches Entwicklung, Sammlungen und Besucherangebote, ein.
Auch „schwetzingen-lokal.de“ war vor Ort und sah den Restauratoren beim Einpacken der Einrichtung in den Schlossräumen über die Schulter.Wir informierten uns über die Sanierungspläne, stellten Fragen zur konkreten Ausführung der Bauarbeiten und zu entscheidenden Prozessen sowie zu denkmalpflegerischen Perspektiven im Rahmen eines solchen Großprojekts.
Bekannt für Kompetenz und Umsicht: Dr. Saskia Esser und Restaurator Thomas Merkl
Schwetzingen-Lokal: Frau Dr. Esser, seit wann befinden sich die Exponate, welche heute verpackt werden, in diesen Räumlichkeiten?
Dr. Saskia Esser: Neu eingerichtet wurde das Schloss nach der letzten Renovierung in den 1980er Jahren. Das war die letzte große Ausstattungsphase. Und jetzt ist mit der Außenseitensanierung eine weitere Zäsur gesetzt. Es ist quasi eine neue „Pflegewelle“. Aus diesem Grund werden die Exponate jetzt evakuiert. Es ist eine Art „Generalcheck“, bei dem auch einige Verbesserungen durchgeführt werden.
Die verpackten „Hofdamen
Schwetzingen-Lokal: Herr Merkl, Sie sind der Restaurator, der die Verpackungsarbeiten betreut?
Thomas Merkl: Ja, unter anderem. Ich bin auch Organisator und Improvisator.
Dr. Saskia Esser: Er ist absolut nicht der „typische“ Restaurator, der aus seiner Werkstatt nicht rausgeht und sich immer quasi nur in irgend etwas vertieft, er ist ein echter „Allrounder“!
Filigrane Kostbarkeit aus dem 18. Jahrhundert
Schwetzingen-Lokal: Frau Dr. Esser, was bedeutet dieser Umzug für Sie?
Dr. Saskia Esser: Er ist eine logistische Herausforderung, der nicht hinter dem zurücksteht was zu leisten ist, wenn eine große Ausstellung eingerichtet wird.
Schwetzingen-Lokal: Was passiert heute? Was erwartet uns?
Thomas Merkl: Nun, das zweite OG ist bereits geräumt. Sie müssen sich vorstellen, es sind über 500 Objekte, die wir zu bewegen haben. Das heißt, es geht los mit Kleinmöbel, bis hin zu schweren Kommoden, Schreibsekretäre und natürlich Porzellan, aus verschiedenen Kategorien. Teller sind relativ einfach zu verpacken, aber wenn sie sich zum Beispiel an die Figur „Der Jäger aus Kurpfalz“ erinnern, (Ein Jagdreiter, der im Galopp auf einem Apfelschimmel einen, zwischen zwei Bäumen flüchtenden, Hirsch verfolgt, Die Red.) wo in jede Richtung etwas absteht, das zu verpacken…..hat zum Glück mein Kollege für „Glas & Porzellan“ übernommen. (lacht) Angefangen hat das Ganze allerdings im Prinzip schon im Frühjahr. Da haben wir uns Gedanken gemacht, wie und wo wir bei uns , im Depot in Karlsruhe, entsprechend Platz schaffen können. Zunächst haben wir alle Objekte erfasst, d.h. Kartografiert, fotografiert und haben einen Plan angefertigt, damit wir später wissen, wo welcher Gegenstand seinen Platz hatte.
Warten auf den Abtransport
Schwetzingen-Lokal: Was wurde denn bis jetzt schon nach Karlsruhe transportiert?
Thomas Merkl: Wir hatten bisher zwei Transporte mit Gegenständen aus dem Obergeschoss.
Schwetzingen-Lokal: Und wie lange werden die Arbeiten etwa noch benötigen?
Thomas Merkl: Wir denken, das wir die Arbeiten bis Donnerstag zum Abschluss bringen können.
Schwetzingen-Lokal: Das ist ja relativ schnell!?
Thomas Merkl: Ja, das heißt aber nicht, dass wir dann schon fertig sind.
Schwetzingen-Lokal: Sondern?
Carl-Theodor“ in sicherer Verpackung
Thomas Merkl: Nun, dann geht es erst richtig los. Alles, was wir hier sorgfältig einpacken, insbesondere Gemälde, können wir nicht bis 2016 eingepackt lassen, sondern müssen wir wieder auspacken.
Schwetzingen-Lokal: Verzeihen Sie die Frage eines Laien: Warum?
Thomas Merkl: Schlicht und ergreifend wegen der Folie. Diese muss wieder entfernt werden, damit sich keine Feuchtigkeit bilden und absetzten kann. In Karlsruhe werden die Bilder dann als erstes gereinigt und prophylaktisch mit Schädlingsbekämpfungsmittel behandelt.
Kostbarkeiten aus zwei Jahrhunderten
Schwetzingen-Lokal: Was für Schädlinge können das sein?
Thomas Merkl: Zum einen Textilmotten aber auch Holzschädlinge.
Schwetzingen-Lokal: Wie groß ist das Team, das Ihnen zur Seite steht?
Thomas Merkl: Hier im Schloss sind wir im Moment zu viert. Unter anderem zwei Volontäre, die ihren Masterabschluss haben. Hochschulausbildung haben sie hinter sich und jetzt kommt eben die Praxis.
Schwetzingen-Lokal: Können Sie uns etwas zu den ungefähren Kosten sagen?
Ein Jäger aus Kurpfalz
Dr. Saskia Esser: Die Arbeiten allein werden etwa bei einer Million Euro liegen, wobei das neue Besucherzentrum mit etwa 500.00 Euro veranschlagt wurde.
Schwetzingen-Lokal: Wiedereröffnung 2016: Gibt es dafür schon einen definierten Termin?
Thomas Merkl: Nein.
Dr. Saskia Esser: Das hängt eben auch vom Fortschritt der Baumaßnahmen ab.
Schwetzingen-Lokal: Frau Dr. Esser, Herr Merkl, wir danken Ihnen für dieses interessante Gespräch.
Die geschichtsträchtigen Innenräume des Schwetzinger Schlosses bleiben während der Sanierung übrigens für Besucher geschlossen. Da der Garten der ehemaligen Sommerresidenz jedoch während der Renovierung geöffnet bleibt, ist damit zu rechnen, dass er umso mehr Beachtung finden wird. Unabhängig, ob wir einen milden Winter, wie den vergangenen zu erwarten haben, werden viele zusätzliche Angebote, wie Sonderführungen und Vorträge die Besucher des Schwetzinger Schlosses erwarten und verzaubern.
Text / Fotos: Mac Reutter