„Vielen Dank für Ihr großes Interesse“, sagt Bürgermeister Matthias Renschler am Ende einer informativen Veranstaltung, auf der im Foyer der Astoria-Halle die ersten Ergebnisse der kommunalen Wärmeplanung vorgestellt werden. „Wir schauen, dass wir Lösungen hinkriegen und Perspektiven aufzeigen“, spricht der Bürgermeister von „einem riesigen Transformationsprozess“, in dem noch „viele Fragen offen“ seien. „Wir haben als Stadt den gleichen Stand wie Sie und müssen sehen, dass wir das miteinander vernünftig umsetzen.“ Denn eine zukunftsfähige Wärmeversorgung für Wohngebäude und Gewerbe, für die die kommunale Wärmeplanung die strategische Grundlage bilden soll, betreffe die gesamte Stadtgemeinschaft.
In der gut besuchten Veranstaltung stellen Silvia Drohner und Maren Wenzel vom Planungsbüro EnergyEffizienz GmbH, das von der Stadt mit der Erstellung der Wärmeplanung beauftragt worden ist, die bisherigen Ergebnisse vor. Unterstützt werden sie von Christian Horny und Alexander Engelhard vom städtischen Fachdienst Umwelt. Für Fragen stehen auch Alena Müller als Leiterin des Fachbereichs Ordnung und Umwelt und Morris Hintz für die Stadtwerke Walldorf bereit. Hintergrund aller Überlegungen ist, dass bis zum Jahr 2040 die Energieversorgung in Baden-Württemberg klimaneutral werden soll – in Walldorf hat der Gemeinderat im Januar 2023 Leitziele für die Klimaneutralität bis 2040 beschlossen. Vor diesem Hintergrund muss auch die Wärmeversorgung von Gebäuden neu gedacht werden: Weg von fossilen Brennstoffen, hin zu erneuerbaren Energien. Große Kreisstädte mussten nach den Vorgaben des Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetzes Baden-Württemberg (KlimaG BW) bis Ende 2023 den sogenannten kommunalen Wärmeplan vorlegen. Die Stadt Walldorf lässt diesen freiwillig und aus eigener Initiative erstellen.
Noch, so Maren Wenzel, bewegt man sich dabei in einer „relativ hohen Flughöhe“. Das gilt beispielsweise für die möglichen Wärmenetze, die in den Untersuchungen identifiziert worden sind, aber auch für das Thema Tiefengeothermie. „Es werden noch Machbarkeitsstudien folgen müssen“, sagt die Umweltingenieurin. Eine der Herausforderungen ist, dass es aus Sicht der Experten „nicht allzu viele Potenziale für erneuerbare Energien“ auf Walldorfer Gemarkung gibt – das zeigt sich anschaulich beim Blick auf die präsentierten Grafiken. So ist das theoretische Potenzial etwa für Freiflächen-Photovoltaikanlagen zwar durchaus vorhanden und der Balken bei der Angabe „bedingt geeignet“ sehr dick (und mit der Mengenangabe 345 Gigawattstunden Strompotenzial pro Jahr versehen). In der Kategorie „gut geeignet“ schrumpft er aber auf deutlich weniger als ein Zehntel zusammen. „Wir müssen die Tiefengeothermie einbinden“, meint deshalb Maren Wenzel.
Ihre Kollegin Silvia Drohner stellt die bislang ermittelten Eignungsgebiete für Wärmenetze vor: So lohnt im Zentrum der Bereich rund um die Altstadt eine nähere Untersuchung ebenso wie das Neubaugebiet Walldorf-Süd. Im Gewerbegebiet wäre eine interkommunale Zusammenarbeit mit Wiesloch denkbar. Und beim bestehenden Wärmenetz am Schulzentrum schlagen die Planerinnen einen Transformationsprozess vor. Primärer Energieträger werde hier aber zunächst Strom sein müssen. „Wenn die Tiefengeothermie kommt, wird das für ganz Walldorf relevant“, sagt Silvia Drohner. Dafür gebe es „sehr gute Voraussetzungen“ und ein „hohes Potenzial“. Allerdings müsste das zunächst der Gemeinderat beschließen und es ist noch nicht sicher, was auf Walldorfer oder einer Nachbargemarkung realisiert werden kann. Susanne Weber von der Firma Deutsche Erdwärme zeigt in einem Impulsvortrag auf, wie Tiefengeothermie funktionieren kann. „Es gibt in Deutschland 40 Anlagen, die störungsfrei laufen“, sagt sie.
Die Fragen der interessierten Bürgerinnen und Bürger machen deutlich, dass gerade im Zusammenhang mit dem neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) große Unsicherheit vorherrscht. Was tun, wenn die Gasheizung den Geist aufgibt, sich das Gebäude nicht für eine Wärmepumpe eignet und das mögliche Wärmenetz noch in den Sternen steht? Zumal Morris Hintz von einem „Ausbau über mehrere Jahre“ spricht und einen Zeitraum von zehn Jahren „realistisch“ nennt. Deshalb kann es dann nach aktuellem Stand durchaus die beste Lösung sein, nochmals auf eine Gasheizung zu setzen, erklären die Vertreter der Stadt. Zumal längst nicht überall Wärmenetze wahrscheinlich sind. Vermutlich werde es künftig aber auch Mietheizungen und andere Lösungen geben, die als Ersatz nach einem Ausfall kurzfristig eingesetzt werden können, bis eine nachhaltigere Alternative möglich wird. Kontrovers wird auch die Frage eines „Anschlusszwangs“ diskutiert. Für den gibt es prinzipiell die rechtliche Möglichkeit, dennoch müsste er zunächst vom Gemeinderat beschlossen werden. Und dann gelte für alle, die beispielsweise über Wärmepumpen bereits auf erneuerbare Energien setzen, immer noch Bestandsschutz. „Das Thema Beratung ist ganz, ganz wichtig“, sagt Christian Horny. Energieberater könnten die Bürger „vor Investitionen schützen, die keinen Sinn machen“. Und auch im Fachdienst Umwelt bemühe man sich, alle Anfragen aus der Bevölkerung zu beantworten.
Text und Fotos: Stadt Walldorf