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Markus Gastl wirbt für einen nachhaltigen Umgang mit der Natur

3. März 2024 | > Walldorf, Allgemeines, Das Neueste, Stadtbücherei Walldorf

Den Garten mit anderen Augen sehen

„Ich will sie motivieren“, sagt Markus Gastl während seines Auftritts in der Stadtbücherei gleich mehrmals. Gastl macht sich als Buchautor und Redner seit vielen Jahren für ein Anliegen stark, das ihm am Herzen liegt: den „Drei Zonen Garten“. Um was es sich dabei handelt, wird im Laufe seines leidenschaftlichen Auftritts deutlich: Es geht um nachhaltiges Gärtnern im Einklang mit der Natur. Passend dazu wird an diesem Abend der Startschuss für die Saatgutbücherei gegeben – ein neues Angebot der Stadtbücherei, mit dem Nutzer bis zu drei Tüten mit Gemüsesaatgut „ausleihen“ können. Damit sollen einheimische und vor allem alte Sorten erhalten und gefördert werden. Also genau das Thema von Markus Gastl, der den Blick auf einen nachhaltigen Garten richten will. „Sie müssen nicht von heute auf morgen alles auf den Kopf stellen“, sagt er über seine ambitionierten Vorschläge. Es zähle vielmehr, „wieder Lust auf den Garten zu kriegen“.

Interessant ist auch die persönliche Lebensgeschichte von Markus Gastl, die er mit seinem Publikum teilt. Oder genauer den Teil seiner Lebensgeschichte, in dem er sich auf eine „große Reise“ begibt, die ihn im Jahr 2000 von der Südspitze Südamerikas bis nach Alaska geführt hat. Auf seiner exakt 41.843 Kilometer langen und zweieinhalb Jahre dauernden Reise mit dem Fahrrad habe er gelernt, „das Kleine, das vermeintlich Unbedeutende zu erkennen“ und wirbt: „Das müssen wir wieder lernen.“ Auf seiner Reise habe er Tränen des Glücks geweint, aber auch Tränen der Trauer, verweist er auf viele schöne Momente, aber auch ein hohes Maß an Umweltzerstörung, die ihm auf seiner Reise begegnet sind. Es sei aber immer ein Leichtes, mit dem Finger auf andere zu zeigen und diese anzuprangern. „Am besten fängt man bei sich selbst an“, so Gastl. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland habe er genau das getan: „Ich möchte eigenes Land haben und es so gestalten, dass ich der Natur etwas zurückgebe“, beschreibt er die damalige Ausgangslage. Mit dem Kauf einer Feldwiese habe er dieses Ziel ab 2007 verwirklicht.

Während seines Auftritts wird Gastl auch politisch, etwa, wenn er die aktuelle Landwirtschaft ebenso anprangert wie die Wirtschaft, die in Deutschland seiner Meinung nach auf den Säulen Autoindustrie, Chemie und Rüstung beruht. Genauere Nachweise für seine Thesen bleibt er zwar schuldig, Gastl will sich aber auch lieber dem Positiven widmen: einem funktionierenden Garten, der sich im ökologischen Gleichgewicht befindet und für jeden machbar sei. Er wolle die Menschen motivieren, „ihren Garten mit anderen Augen zu sehen“ und sich mit anderen zusammenzuschließen, macht er Werbung für das von ihm gegründete Hortus-Netzwerk, dem inzwischen knapp 800 Gärten angehörten. Mit seinen eigenen zwei Gärten, vor allem dem größeren, „Hortus Insectorum“, kann er auch eindrucksvolle Beispiele vorweisen.

Gastl erklärt das von ihm entwickelte Prinzip der drei Zonen: Die Pufferzone umgibt den Garten und besteht aus Hecken und Sträuchern. Zusätzliche Naturmodule wie Totholz oder Steinhaufen bieten Tieren Schutz und Nahrung. Die Hotspot-Zone zeichnet sich durch eine hohe Tier- und Pflanzenvielfalt aus. Hier sei ein magerer Boden wichtig. Und ja, der nachhaltige Garten dürfe für den Menschen auch einen Nutzen haben, betont Gastl. Dafür gebe es die Ertragszone, die von humusreichem Boden gekennzeichnet ist, der durch den beständigen Eintrag von organischem Material aus den anderen beiden Zonen verbessert wird. Damit sei ein geschlossener Nährstoffkreislauf gewährleistet. Die Zone sei hervorragend für den Gemüseanbau geeignet. Zusätzlich wässern brauche man die Pflanzen in solch einem System übrigens nicht, betont Gastl auf Nachfrage aus dem Publikum. Was durch Trockenheit eingehe, „geht eben ein“. Eine Ausnahme gebe es nur mit dem Bewässern von Neupflanzungen.

 

Gastl wirbt vor allem für die Vielfalt der einheimischen Pflanzen und Insekten. „Wir haben ein Insektensterben, das kaum jemanden interessiert“, findet Gastl und bringt dem Publikum einige bebilderte Beispiele näher: der Totenkopfschwärmer etwa, einer von 3000 bekannten Nachtfaltern in Deutschland mit seiner charakteristischen Musterung auf dem Rumpf, habe einzigartige Eigenschaften, das gelte übrigens für jede Insektenart. Mit viel Leidenschaft spricht Gastl über dieses und weitere Insekten und ihre Bedeutung in der Natur. „Die Vielfalt der Insekten beruht auf der Vielfalt der Pflanzen“, verweist er auf die 4500 einheimischen Pflanzen und bringt gleichzeitig seine Ablehnung über den „ganzen Quatsch, den wir im Baumarkt kaufen“, zum Ausdruck. Mit Rhododendron und Co. kann er jedenfalls nicht viel anfangen: „Wir sind auf dem Weg zur Monotonisierung unserer Landwirtschaft und Gärten.“ Um die Vielfalt wieder in die Gärten zu bringen, müsse man sie auch kennen, sich mit ihr beschäftigen, beobachten, so Gastl, der empfiehlt, sich einen Lebensraumführer zuzulegen, um die Natur in ihrem räumlichen Kontext zu verstehen.

Gastl schlägt in seinen Ausführungen auch den Bogen zum Menschen, um deutlich zu machen, welche Schäden wir mit unserem Umgang mit der Natur anrichten, obwohl wir nur ein Teil in einem zusammenhängenden System seien, in dem keines mehr oder weniger wert sei als das andere. Jeder Einzelne müsse sein eigenes Verhalten betrachten und die Frage stellen: „Mit der Natur oder dagegen?“ Nach dem Auftritt von Markus Gastl dürfte die Antwort wohl sicher „dafür“ ausfallen.

 

Text und Foto: Stadt Walldorf

 

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