Im Buch „Radio Sarajevo“, das der Autor Tijan Sila in der Stadtbücherei vorstellt, schildert der Autor seine Erlebnisse als Kind während des Krieges in seiner Heimat Sarajevo.
Trotz der Schwere, die der Inhalt des Buches mit sich bringt, ist der Autor gut aufgelegt und schlägt dem Publikum vor, erst etwas vorzulesen und dann miteinander zu „labern“. Und so spricht Sila unter anderem über seine Eltern, die 1994 genug vom Krieg haben und mit ihm sowie seinem Bruder nach Deutschland fliehen. Die Familie kommt in Mannheim unter. „Wir hatten nach der Flucht nichts als Hoffnung“, sagt er an einer Stelle, untermalt von einem sarkastischen Lachen. Seine Eltern erkrankten beide psychisch schwer. Das habe das Familienleben die ersten Jahre in Deutschland geprägt. „Wir hatten posttraumatische Belastungsstörungen.“ Der Krieg trainiere einem ganz bestimmte Verhaltensweisen an, so Sila in Bezug auf die Schwierigkeiten, in der neuen, friedlichen Heimat anzukommen.
Sein Buch aus dem er mehrere Passagen vorliest, beschreibt die Schrecken des Krieges aus der Sicht eines Kindes. Aber auch das Kindsein selbst. So gibt es durchaus unterhaltsame Momente, die der junge Tijan mit seinen engsten Freunden erlebt, samt erster vorpubertärer Verhaltensweisen. Das sorgt auch in der Stadtbücherei für heitere Momente.
Sila, der sein Referendariat zum Deutschlehrer am Gymnasium Walldorf absolviert hat, mittlerweile in Kaiserslautern lebt und als Berufsschullehrer tätig ist, hält der Gesellschaft und der medialen Berichterstattung aber auch einen Spiegel vor: „Der Krieg hat diese spektakuläre Seite. Der Mensch schaut gerne hin, wir wissen, dass es rational schlecht ist, aber der Reiz des Kriegsspektakels ist dann doch da.“
Es gebe oft eine Vorstellung darüber, was Krieg ist, man stelle ihn sich vielleicht als ein bisschen aufregend vor. Aber: „Der Krieg hat eine ganz eigene groteske Intensität.“ Das müsse man erlebt haben, um es zu fühlen, man sollte es aber auf keinen Fall erleben, so der Autor, der über diesen scheinbar paradoxen Satz selbst lachen kann.
Er habe das Buch auch deswegen geschrieben, um den Krieg für den Leser „etwas spürbarer zu machen, um zu zeigen, was er eigentlich ist“. Bei seinem Auftritt in Walldorf ist ihm das auf jeden Fall gelungen.
Text und Foto: Stadt Walldorf