Becker: „Wenn Du nicht gut bist, dann kannst Du in diesem Wettbewerb nicht bestehen“
Malsch: Landtagsabgeordnete Christiane Staab (CDU) und Bürgermeister Tobias Greulich in der „Metzgerei Becker am Rathaus“ vor Ort / Situation der Branche und Zukunftsperspektiven diskutiert
Malsch. 74 Jahre ist Willi Becker nun alt, aber noch jeden einzelnen Tag geht der Metzgermeister in seine „Metzgerei Becker am Rathaus“, um Fleisch und Wurst zu machen „Mein Vater wurde 97 Jahre alt und hat bis zuletzt in der Metzgerei gearbeitet, da habe ich ja noch ein paar Jahre vor mir und entsprechend zu tun“, lacht Becker.
Auch seine Frau Irmgard ist seit der Übernahme und des Neubaus der Metzgerei im Jahre 1982 tatkräftig mit dabei und Chefin im Verkaufsraum. Großes Lob gibt es in diesem Zusammenhang von beiden für ihre Mitarbeiter: „Ohne dieses Team wäre vieles nicht zu machen.“
Sein Handwerk hat Willi Becker im elterlichen Betrieb gelernt und seine Meisterprüfung in Frankfurt abgelegt. „Unsere Branche ist schon etwas anderes, man muss grundsätzlich einen Zugang zu Fleisch und Wurst haben und das auch mögen. Ich habe Metzger von der Pike auf gelernt und ich mache immer noch 90 unserer Produkte selbst“, sagt Becker, der größten Wert auf Sauberkeit und Hygiene in der Metzgerei legt.
Seit Corona-Pandemie mehr Wertschätzung erfahren
Und weiter: „Meine Frau Irmgard und ich machen das hier aus und mit Leidenschaft. Ich kann keinem jungen Menschen das abverlangen, was wir zwei hier bisher geleistet haben und leisten. Aber klar ist, auch angesichts der Schließung von zahlreichen Metzgereien in anderen Orten: Wenn Du nicht gut bist, dann kannst Du in diesem Wettbewerb nicht bestehen. Natürlich können wir nicht mit den Preisen im Supermarkt mithalten, das ist unmöglich. Umso mehr freut es uns, wenn Kunden sogar weite Wege auf sich nehmen, um hier bei uns in Malsch ihr Fleisch und ihre Wurst zu kaufen, weil sie die Qualität, die wir bieten, schätzen. Das trifft auch auf unser Tagesmenü-Angebot und unseren Partyservice zu. Gerade seit der Corona-Pandemie haben wir gemerkt, dass uns wesentlich mehr Wertschätzung entgegengebracht wird. Dafür sind wir auch sehr dankbar.“
Nicht nur auf Monika Fleckenstein, welche „die gute Seele des Betriebs“ sei, können sich die Beckers verlassen, sondern auch auf ihre drei Töchter Julia, Cordula und Marie.
Julia, die zunächst als Floristin in Heidelberg tätig war, wechselte ins Fleischerfach, machte ihren Abschluss als Fachverkäuferin in Stuttgart und arbeitet seitdem auch im Familienunternehmen mit. Cordula, die als Projektleiterin bei Porsche arbeitet, unterstützt im kaufmännischen Bereich, Marie ist aktuell Studentin und möchte Wirtschaftsingenieurin werden. Klar ist: Da ein entsprechender Meistertitel fehlt, könnte nach heutigem Stand keine der Töchter den Betrieb übernehmen und fortführen. Dies wäre beispielsweise durch die Einstellung eines Fleischermeisters als Betriebsleiter möglich – aber auch diese sind rar gesät. „Wir haben viele junge Leute bei uns ausgebildet und sie gehörten bei der Arbeit und bei den Prüfungen zu den Besten. Mittlerweile sind alle raus aus diesem Beruf und üben ganz andere Tätigkeiten aus“, berichtet Willi Becker.
Fleischereibranche steht vor großen Herausforderungen
Neben dem Fachkräftemangel und einem immensen Bürokratieaufwand hätten alle Metzgereien ferner auch damit zu kämpfen, dass immer mehr Schlachthöfe geschlossen wurden. Becker: „Auch das ist für unsere Branche eine große Herausforderung. Weite Wege vom Landwirt zum Schlachthof und von diesem weiter zum Metzger sind weder für die Tiere noch für das Produkt an sich gut.“
Christiane Staab MdL und Bürgermeister Tobias Greulich, den Becker mit den Worten lobte „Sie sind genau der richtige Mann für Malsch“, bedankten sich bei den Eheleuten Becker abschließend für das Gespräch und den Rundgang.
Staab: „Fleischerei- und Wurstwaren, bei denen man weiß, woher sie kommen und wie sie hergestellt wurden, finden wir immer seltener in unseren Städten und Gemeinden. Stattdessen landet oft Billigfleisch auf den Tellern der Verbraucher, von Tieren, die unter laxen rechtlichen Bedingungen im Ausland gehalten wurden. Alles weit weg und deshalb interessiert es nicht. Kaum irgendwo anders als beim Fleisch wird so viel Gutes für die Tiere gewünscht und so wenig beim Einkauf dann darauf geachtet. Die Abwägung zwischen Tierwohl und Preis geht oft zu Gunsten des Preises und der eigenen Bequemlichkeit aus. Leidtragend sind nicht nur die Tiere, sondern auch deren baden-württembergische Halter und unsere Metzger, die sich unseren immer schwierigeren Haltungsbedingungen unterwerfen müssen. Wir dürfen unseren Erzeugern nicht noch mehr zumuten. Unsere Metzgereien, die mit lokalen Erzeugern und Schlachtbetrieben arbeiten, von denen es auch immer weniger gibt, bürgen beim Fleischverzehr für gute Qualität. (Text und Foto: Matthias Busse)
Quelle: Matthias Busse