Rathausgespräch in Wiesloch ermöglicht Dialog zwischen pflegenden Angehörigen und Akteuren aus der Kommune
Demenz ist ein Thema, das in die Mitte der Gesellschaft gehört. Da waren sich alle Beteiligten des am Donnerstagabend in Kooperation mit der Stadt Wiesloch stattfindenden Rathausgespräches einig.
Dies war das zehnte von 15 geplanten Rathausgesprächen des groß aufgelegten Forschungsprojektes des Instituts für Gerontologie der Universität Heidelberg. Aufgrund der Corona-Pandemie fand das Rathausgespräch in einem digitalen Format statt. Das tat dem eigentlichen Thema des Abends, dem Diskurs über innovative Unterstützungsmöglichkeiten und deren Auswirkung auf die Lebenssituation von pflegenden Angehörigen von Menschen mit Demenz, allerdings keinen Abbruch.
Zu Beginn des Nachmittages begrüßte Bürgermeister Ludwig Sauer alle TeilnehmerInnen sowie BesucherInnen und forderte, dass das Thema Demenz mehr Raum in der Gesellschaft und Öffentlichkeit benötigt. Auch der Alternswissenschaftler und Leiter des Instituts für Gerontologie Prof. Dr. Dr. h.c. Andreas Kruse ließ es sich nicht nehmen, ein paar Worte an die Bürgerschaft zu richten. Er wünsche sich eine demenzfreundliche Kultur, zu der auch das Leben in einer Kommune gehöre. Außerdem bedankte er sich bei allen kommunalen Akteuren für ihre Teilnahme, aber vor allem für den Mut der pflegenden Angehörigen, den diese aufbrachten, um über ihre Lebenssituation und über ihre Anliegen vor der Bürgerschaft und AkteurInnen aus Wiesloch zu sprechen.
In den folgenden drei Gesprächsrunden wurde sich über Unterstützungsmöglichkeiten für die Begleitung von Menschen mit Demenz und der Bedeutung bürgerschaftlichen Engagements ausgetauscht. In der ersten Runde kamen sechs pflegende Angehörige zusammen, die ihre Wünsche, Bedarfe und Bedürfnisse äußerten. Die Runde der pflegenden Angehörigen brachte zum Ausdruck, dass sie der „größte Pflegedienst“ seien, den das Land habe. Gewünscht wurden von den pflegenden Angehörigen u.a. Sportangebote, die sie gemeinsam mit ihren an Demenz erkrankten Angehörigen wahrnehmen könnten aber auch Angebote nur für Menschen mit Demenz, um ihnen eine stundenweise Entlastung zu schaffen. Weiterhin wurde thematisiert, dass es auch Aufklärungsarbeit und Informationen für bspw. Kinder geben sollte, deren Großeltern an einer Demenz erkrankt sind – so könnte das Thema schon von klein auf nähergebracht werden. Auch Informationsmaterialien, die alltägliche Tipps für den Umgang mit demenziell Erkrankten und mögliche Anlaufstellen in der Kommune bereithalten wären hilfreich für pflegende Angehörige. Zu diesem Thema wurden bereits während des Rathausgesprächs einige Ideen gesammelt, die die jeweiligen Angebote in die Öffentlichkeit tragen sollten – zum Beispiel durch eine Flugblatt-Aktion in der Stadt. Mindestens genauso wichtig wie Dienstleistungen, Aufklärungsarbeit und Unterstützungsangebote seien jedoch auch eine besondere Einstellung und eine gewisse Sensibilität gegenüber den pflegenden Angehörigen, um so deren Arbeit mit Wertschätzung und Anerkennung zu würdigen.
In einer zweiten Runde diskutierten neun Akteure aus Wiesloch. Unter ihnen waren der Bürgermeister Ludwig Sauer und Herr Klaus Mathuse von der Initiative demenzfreundliches Wiesloch, die dieses Rathausgespräch mit möglich gemacht haben.
In der 3. Runde fand dann ein gemeinsamer Austausch der Akteure und der pflegenden Angehörigen statt. Übereinstimmend wurde festgehalten, dass eine stärkere Sensibilität, Offenheit und Akzeptanz in der Gesellschaft gegenüber der Thematik Pflege und Demenz geschaffen werden muss, sodass Betroffene mit ihren Angehörigen ganz selbstverständlich am öffentlichen Leben teilhaben können und sich angenommen fühlen, beispielsweise durch ein Winzerfest mit Menschen mit Demenz, bei dem man gemeinsam schöne Momente erleben kann. Grundlage zur Verwirklichung einiger Ideen – da waren sich alle Akteure einig – seien regelmäßige und intensive Gespräche mit allen Akteuren und den pflegenden Angehörigen. Das Rathausgespräch hat hierfür einen zentralen Anstoß gegeben.
Fazit des bis dahin bereits bereichernden Abends waren einige Aha-Momente und sicherlich auch, dass viele der Teilnehmenden zum weiteren Nachdenken und Handeln angeregt wurden.