Stellungnahme von Stefan Seewöster, Orhan Bekyigit und Adrian Seidler zum Schulthema
Entwicklung der Schülerzahlen an der Schule Frauenweiler
Manche Themen in der Kommunalpolitik beschäftigen vor und nach einer Entscheidung im Gemeinderat mehr als andere. Hin und wieder bedarf es einer nachträglichen Kommentierung. Das Thema „Entwicklung der Schülerzahlen an der Schule Frauenweiler“ ist ein Thema, welches uns drei Frauenweiler Stadträte nun über viele Monate intensiv beschäftigt hat. Das Ergebnis war für uns ernüchternd und auch in der Art und Weise enttäuschend.
Eigentlich geht es um die Grundsatzfrage, ob die aktuell hohen Schülerzahlen an der Grundschule Frauenweiler ein temporäres oder dauerhaftes „Problem“ sind. Aus unserer Sicht genügt ein Blick zum Kindergarten Frauenweiler. Seit fünf Jahren steht dort ein Container, der ursprünglich nur übergangsweise für drei Jahre gedacht war. Die von der Stadt prognostizierten Kinderzahlen für den Kindergarten und die Schule waren in den vergangenen Jahren nicht besonders zuverlässig. Klar, denn zum einen beruhen diese in der Regel auf Zahlen des statistischen Landesamtes und aus Erfahrungen der Vergangenheit. Sicherlich kann man die Kinderzahlen bei der Planung von neuen Wohngebieten ganz gut vorhersagen. Was sich jeder nur sehr schwierig bis gar nicht planen lässt, ist der aktuelle Generationenwechsel im alten Teil von Frauenweiler. Die ältere Generation stirbt und die Häuser werden an Familien mit Kinder verkauft. Häufig sind diese noch nicht richtig auf dem Markt, stehen Familien bereits Schlange. Wer sich aktuell auf dem Immobilienmarkt bewegt, kann ein Lied davon singen. Aufgrund der hohen Lebensqualität, der sehr günstigen Verkehrslage und Einkaufsmöglichkeiten ist diese Situation – aus unserer Sicht – noch etwas verschärfter als in anderen Stadtteilen. Wir hier in Frauenweiler kennen und erleben diese Situation. Dies ist jedoch aus der Statistik für die Verwaltung nicht zu erfassen.
Nun kommt nach den Sommerferien statt einen Anbau ein Container. Die Hauptgründe der Gegner eines Anbaus waren zum einen – wie dargelegt – der Zweifel an den Schülerzahlen und sicherlich auch die Finanzsituation. Wir halten diese Entscheidung für falsch und hätten uns eine andere Entscheidung gewünscht. Wir sind nicht grundsätzlich gegen Container-Lösungen. Aus unserer Sicht wurde jedoch das Thema in Frauenweiler nur kurzfristig gedacht. Warum wir in diesem Falle einen Anbau bevorzugten, möchten wir im Folgenden darlegen.
Im Februar gab es ein persönliches Gespräch mit der Verwaltungsspitze. Wir hatten aus unserer Sicht rechtzeitig die Situation angesprochen. Denn es war zumindest absehbar, dass es im neuen Schuljahr eng werden würde. Zudem erbaten wir um die Beantwortung der Fragestellungen: Was passiert mit den Kindern des neuen Wohngebiets auf dem Holfelder-Gelände? Macht es Sinn diese der Schule Frauenweiler zuzuordnen? Zumal ja die nächstgelegene Schule Maria-Sybilla-Merian-Grundschule eine Ganztagsgrundschule ist und auch nicht an mangelnden Schülerzahlen leidet? Was passiert mit den Kindern, wenn das neue Wohngebiet, welches von der WGF beantragt wurde, kommt? Klar wurde von dem Gemeinderat das Stadtentwicklungsprojekt angeschoben. Aber gibt es einen vernünftigen Grund, weshalb dies nicht kommen sollte? Auch hierauf warten wir noch immer auf eine Antwort von Seiten der Verwaltung. Hätte die Verwaltung hier Stellung bezogen, wären dies sicherlich in die Diskussion als gewichtige Gründe miteingeflossen.
Aus unserer Sicht wird gerade das Thema „Neues Wohngebiet Frauenweiler“ bewusst verzögert. Dabei würde der Wohnraum dringend benötigt und böte auch eine Möglichkeit für die Unterbringung von Flüchtlingen. Denn auch dies ist ein Vorwurf, den man immer wieder zu hören bekommt. „Frauenweiler hat keine Flüchtlinge aufgenommen“. Klar, es gibt auch keinen bekannten freien Wohnraum.
Finanzen
Natürlich sind wir uns der kritischen Haushaltslage der Stadt bewusst. Ende Juni waren fast alle auf Klausurtagung. Hauptthema war die angespannte Finanzlage und die Hauhaltskonsolidierung. Wie wichtig dem Gemeinderat jedoch das Thema Bildung trotz der kritischen Finanzsituation ist, zeigen Beschlüsse der jüngeren Vergangenheit. Als Beispiele seien hier der Neubau der Gemeinschaftsschule oder den Ausbau der Maria-Sybilla-Merian-Grundschule zur Ganztagsschule für 2,3 Mio. Euro zu nennen. Diesen Fokus scheinen jedoch einige Gemeinderäte aus dem Blick zu verlieren, wenn es um den Stadtteil Frauenweiler geht. Die bescheidende Resonanz zu einem Vor-Ort-Termin, zu dem wir vor den Pfingstferien die Kollegen aus dem Gemeinderat und die Verwaltung eingeladen hatten, lässt dies ebenso vermuten.
Bei dem Umbau der MSM-Grundschule bekam die Schule nicht nur fünf (!) neue Klassenzimmer, sondern auch drei Differenzierungsräume. Die Begründung war das pädagogische Konzept. Differenzierungsräume sind in der heutigen Schullandschaft sicherlich richtig und wichtig. Und wir gönnen es der Schule, den Schülern und den Lehrern. Aber wo sind die Differenzierungsräume an der Schule Frauenweiler? Hier ziehen sich die Kinder auf den Flur zurück, wenn sie mal in „Ruhe“ arbeiten wollen/müssen. Es fehlen auch Räume um mal was stehen zu lassen, bspw. wenn gebastelt wird. Die Kernzeit teilt sich die Räume mit einer Klasse. Wir klagen nicht! Wir stellen nur fest!
Aber die Pädagogik war bei der ganzen Diskussion nie Thema im Gemeinderat. Und wenn man es zum Thema machen wollte, wurde man belächelt. Dabei ist „Lernzeit = Lebenszeit“ und „Lernraum = Lebensraum“.
Art und Weise
Am Samstagnachmittag der Klausurtagung des Gemeinderats war ein Themenschwerpunkt die Schulsituation in Frauenweiler. Hierbei hatte die Verwaltung mehrere Vorschläge gemacht. Diese reichten von Container über einen Anbau bis hin zu einem Neubau der Turnhalle (inklusive Räume für Kernzeit). Wohlwissend, dass die Mehrzweckhalle in Frauenweiler dringend saniert werden müsste, kamen wir Frauenweiler Stadträte – auch wenn es von Seiten der SPD andere Stimmen gab – nicht auf die Idee die Sanierung bzw. einen Neubau der Halle aktuell zu forcieren. Dies war dann letztendlich der Vorschlag der Verwaltung. Dass dies keine Mehrheit im Rat findet, war absehbar. Umso unverständlicher war es für uns als die Verwaltung dies vorschlug. Konnte man die Stimmung im Rat wirklich so falsch einschätzen?
Mit den Vorschlägen der Verwaltung und den dazugehörigen Kostenschätzungen, die wir samstags bei der Klausurtagung erhielten, bereiteten wir uns auf die Gemeinderatssitzung vor. Nachdem am Abend die Verwaltung den Gemeinderat mit einem neuen Vorschlag mit neuen Zahlen überraschte, war die Vorberatung Makulatur. Interessanterweise wurde der neue Vorschlag – nicht wie sonst üblich – vorab per Email verschickt.
Eine Woche später als das Thema im Ausschuss für Technik & Umwelt final beraten werden sollte das gleiche Spiel. Die Mehrzahl der Gemeinderäte ist berufstätig. Daher war der dringende Wunsch von uns an die Verwaltung die von uns geforderten Zahlen zeitnah aufzubereiten und uns rechtzeitig vor Sitzungsbeginn zu mailen. Auch dies war bedauerlicherweise nicht möglich. Was ist die Folge? Man bekommt abends zur Sitzung eine Tischvorlage, hat keine Zeit sich im Vorfeld zu beraten, abzustimmen, zu informieren und entscheidet quasi spontan. Auch der Wunsch das Thema zu vertagen, um eine sinnvolle Lösung zu finden wurde nicht entsprochen. Gegen eine Vertagung sprachen sich die Vertreter der SPD, die Grünen und mehrheitlich die FWV und die CDU aus. Gerade jene Kollegen, die sonst immer auf Einhaltung von Formalitäten achten, sahen diesmal das Vorgehen der Verwaltung als nicht kritikwürdig. Verwunderlich! Nun gut!
Wenn der Vorsitzende der CDU-Fraktion besonders auf das Vertagen dringt, ist dann besonders enttäuschend. So war der Vor-Ort-Termin an dem neben der WGF zumindest die CDU-Fraktion mehrheitlich teilgenommen hat im Nachhinein verlorene Lebenszeit. Aber von Kollegen, die sich beruflich intensiv mit Kindern beschäftigen (zwei Fraktionsvorsitzende sind Kinderärzte, 60% der SPD-Fraktion sind bzw. waren Lehrer) hätte man sich mehr Unterstützung gewünscht. Aus unserer
Sicht sind Tischvorlagen grundsätzlich ein Unding. Wie kann man als Gemeinderat seinen Aufgaben gerecht werden? Unterstützung für eine Vertagung fanden wir nur bei den Stadtteilvertretern Michael Schindler, Karl-Heinz Markmann und der Altwieslocher Liste. Hierfür nochmals DANKE!
Nachdem wir bereits im vergangenen Jahr und im Februar auf dieses Thema aufmerksam gemacht haben, haben wir es nicht verstanden weshalb hier der Zeitdruck nun aufgebaut wurde. Selbstverständlich konnte der Gemeinderat erst entscheiden nachdem die Entscheidung feststand. Aber, hätte man sich nicht rechtzeitig mit dem Thema befassen können / müssen? Und fair wäre es gewesen, wenn zur Klausurtagung alle Vorschläge auf dem Tisch gewesen wären.
Bis zum Schluss wurden Äpfel mit Birnen verglichen. Wir vermissen die Verlässlichkeit und die Verbindlichkeit! Dies macht es für uns so schwer diese Entscheidung zu akzeptieren. Insgesamt fühlen wir uns überrumpelt und nicht ernst genommen. So bleibt für uns nur unser bisheriges kollegiales Miteinander mit dem Verwaltungsvorstand zu überdenken.
Fazit:
Wir halten den Beschluss für eine Container-Lösung aus folgenden Gründen für falsch:
* Wir glauben, dass die Schülerzahlen kurz- bis mittelfristig nicht zurückgehen werden.
* Weil dies einer langfristigen, sinnvollen Planung entgegensteht.
* Auf Dauer rechnet sich der Container nicht. Dies sieht man am Kindergarten.
Letztendlich sind wir froh, dass der Container hinten ans Gebäude angedockt wird. Wäre es nach der ursprünglichen Verwaltungsvorlage und dem Kollegen Veits gegangen, wäre der Container auf dem Schulhof platziert worden. Dies wäre das aus für die Kerwe und andere Feste auf dem Schulhof gewesen.
Zum Nachdenken „Schülerzahlen in Deutschland steigen stärker an als gedacht“ (Wiwo.de, 12.7.17), „Schulen auf Schüler-Boom nicht vorbereitet“ (tageschau.de, 12.7.17) oder „Schülerzahlen steigen stark an“ (Zeit.de, 12.7.17) waren nur einige Online-Schlagzeilen, die es in den vergangenen Wochen gab. Hintergrund ist die Veröffentlichung einer Studie der Bertelsmann-Stiftung, die nicht nur steigende Schülerzahlen sondern einen Boom prognostiziert („Studie: Schüler-Boom: Zehntausende zusätzliche Lehrer und Klassenräume notwendig“, 12.7.17). Durch diese Studie fühlen wir uns in unserer Haltung bestärkt. Leider kam diese erst nach der Entscheidung im Gemeinderat raus. Ob dies jedoch hilfreich gewesen wäre um einige Gemeinderatskollegen zum Nachdenken zu bewegen? Wohl kaum“
Adrian Seidler (CDU), Orhan Bekyigit (WGF) und Stefan Seewöster (WGF)