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Eröffnung der „Walldorfer Wand“ von Daniel Thouw – Metropolink-Festival

16. Juli 2017 | > Walldorf, Allgemeines, Das Neueste, Kultur & Musik, Photo Gallery

Kunst, die auf dem Weg liegt

 „Über eine leere Fassade hätte niemand gesprochen“, meint Pascal Baumgärtner, der hofft, nun auch Walldorf mit dem „Urban-Art-Virus“ infiziert zu haben.

Er ist Initiator des Metropolink-Festivals, das zurzeit zum dritten Mal stattfindet, stammt aus St. Leon-Rot und war Schüler am Walldorfer Gymnasium. Seine alten Kontakte zu seinem damaligen Kunstlehrer Hartmuth Schweizer haben ihm den Weg für das erste Urban-Art-Projekt in Walldorf geebnet. Am 10. Juli wurde die von Daniel Thouw gestaltete „Walldorfer Wand“ – noch unvollendet – öffentlich vorgestellt. Bürgermeisterin Christiane Staab, die zuvor „sehr gespannt“ gewesen war auf die „Pinselstriche ins Ungewisse“, zeigte sich positiv überrascht vom Ergebnis und vom großen Zuspruch, den die „Vernissage“ an der Ecke Bahnhofstraße/Schulstraße fand.

Pascal Baumgärtners Anliegen ist es, Kunst zu den Menschen zu bringen, sie – sozusagen – zu demokratisieren und die Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen. Kleine Kommunen, „wo dies nicht alltäglich ist“, interessieren ihn dabei zunehmend mehr als Großstädte. Fassaden zu finden sei nicht schwer, berichtete er im Pressegespräch, doch die Zustimmung für die Gestaltung zu bekommen, stelle manchmal schon eine Herausforderung dar. In Walldorf fand er in den Hauseigentümern Ingrid und Willi Kempf Menschen, die sich darauf einließen. Baumgärtners Dank galt daher „der Großfamilie Kempf“, deren Generationen über die künstlerische Gestaltung eifrig diskutiert hätten. Künstler zu finden, die beim Metropolink-Festival Fassaden gestalten, ist für Baumgärtner, der in Barcelona und Rom gelebt hat und Kontakte in alle Welt hat, kein Problem. Er engagiert international, national und regional bekannte Street-Art-Künstler und hofft dann, dass die Künstler „Lust auf die Fassaden haben“. Die Hauseigentümer haben natürlich Mitspracherecht, können über Motiv und Farbgebung mitentscheiden. „In der Regel bleiben die Arbeiten lange auf den Fassaden“, so Baumgärtner, dem es auch gelang, den Gemeinderat für das Projekt zu begeistern. Erster Beigeordneter Otto Steinmann und seine Mitarbeiterin Heike Schweizer nahmen nach dem ersten Metropolink-Festival an einer Tour teil, bei der alle 2015 in Heidelberg entstandenen Wände besucht wurden. Die erste Walldorfer Wand sollte städtebaulich prägnant mitten im Zentrum sein, was dank Familie Kempf auch realisiert werden konnte.

Lust auf die Walldorfer Wand hatte Daniel Thouw aus Heidelberg, der anno 1991 mit 16 Jahren im Street-Art-Bereich angefangen hat. Wie die meisten Künstler dieser Szene setzte er damals überwiegend die Spraydose ein. In Walldorf kommt diese ganz am Schluss, um noch Farbakzente zu setzen. An der „schwierigen Fassade“ arbeitet er überwiegend mit Spachtel und Pinsel. Am 5. Juli hat er mit seinem neuen Kunstwerk begonnen. Acht bis zehn Stunden, je nach Wetterlage, fährt er mit dem Hubsteiger auf und ab, läuft über die Straße, um sich alles von gegenüber kritisch anzusehen, und fühlt sich abends wie nach einem Tag auf hoher See – der Boden schwankt. Sein Motiv – zwei in gegensätzliche Richtungen schauende Köpfe – nehmen die Situation am Standort mit Kreisverkehr auf. Darauf machte Walldorfs Kunstbeauftragter Hartmuth Schweizer bei der Wanderöffnung aufmerksam. Schweizer lobte den Künstler, der bei größter Hitze auf dem Hubsteiger gearbeitet habe. „Das ist harte Arbeit“, meinte er. Eigentlich sei dies Freskenmalerei, so Schweizer. Thouw interessiere das Organische, die Natur, bis hin zur Dynamik der Elementarteilchen. Schweizer lieferte auch einen Exkurs zu den Anfängen der Urban Art in der Graffiti-Szene, die den radikalen Bruch mit der etablierten Kunst bedeutet habe. Die Künstler seien anonym geblieben, hätten oft illegal gearbeitet und die Sachbeschädigung fremden Eigentums als legitim angesehen. Mit ihrer Kunst übten sie Kritik an Lebensumständen und Fehlentwicklungen im Städtebau. In den letzten Jahren sei diese Art des Protestes zunehmend akzeptiert worden und die einst provokativen Künstler bekämen immer häufiger  legale Aufträge. Den Künstlern bleibe mitunter der Vorwurf nicht erspart, „sich zu verkaufen“ und ihre Sache „zu verraten“. Das Metropolink-Festival sehe das anders. Es wolle die Stadtumgebung und den Blick auf sie verändern. „Street Art fordert Offenheit“, erklärte Hartmuth Schweizer, die Daniel Thouw mit seiner Kunst, die natürlich noch vollendet wird, in Walldorf offensichtlich gefunden hat.

Jonas Frey und Joseph Simon funktionierten den öffentlichen Raum vor der Walldorfer Wand anschließend zur Bühne um. Ihre Tanzperformance war ein „Pas de deux“ mit Händen, mit denen sie ihr Spielfeld ausloteten, erforschten, sich umringten. Sie agierten zunächst auf einem Dach, zeigten dann auf der Straße athletische Breakdance-Figuren, um schließlich auf dem Hubsteiger, Rücken an Rücken, das Motiv von Daniel Thouws Wandbild aufzunehmen.

Weitere Bilder unter www.walldorf.de

Ein janusköpfiges Motiv – zwei Köpfe mit entgegengesetzter Blickrichtung. Acht Tage, jeweils acht bis zehn Stunden hat Daniel Thouw an dem Bild gearbeitet.

Daniel Thouw am Anfang

Über die Wandvorstellung freuen sich: Kunstbeauftragter Hartmuth Schweizer, Urban-Art-Künstler Daniel Thouw, Bürgermeisterin Christiane Staab, Hauseigentümerin Ingrid Kempf, Heike Schweizer vom Fachdienst Kultur der Stadt Walldorf, Erster Beigeordneter Otto Steinmann und Metropolink-Festivalleiter Pascal Baumgärtner (v.l.n.r.)

Tanzperformance „Infinite Games“ mit Jonas Frey und Joseph Simon

Text: Stadt Walldorf
Fotos: Pfeifer

 

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