Rainer Selgs lebensgroße Holzfiguren, die im Jahr der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 bei der Ausstellung „KörperForm“ im Rathaus zu sehen waren, sind vielen sicher noch in Erinnerung. 2001 war Rainer Selg bereits an der ersten großen Ausstellung im erweiterten Rathaus beteiligt, die den Titel „Blick zurück nach vorn“ trug.
Ab 1. Dezember geht der Blick wieder nach vorn zu neueren Bildern, Skulpturen und Objekten von Rainer Selg, die in der Reihe „Kunst im Rathaus“ zu sehen sind. Die Ausstellung wird am 1. Dezember um 19 Uhr mit einer Vernissage eröffnet. Walldorfs Kunstbeauftragter, Hartmuth Schweizer, wird in die Ausstellung einführen. Das Jazztrio „Jazzarias“ in der Besetzung Klavier, Kontrabass und Schlagzeug wird die Vernissage musikalisch umrahmen.
Hartmuth Schweizer charakterisiert Rainer Selg als „einen sehr früh gelobten und in vielen wichtigen bundesweiten Ausstellungen bis heute hoch geschätzten Künstler der Region, der auch in seinen neuen Arbeiten Kommentare zu den klassischen Fragen der Kunst formuliert“. Mit beispielloser Intensität und Konsequenz untersucht Rainer Selg, so Schweizer, seit den ersten aufsehenerregenden und provokanten Arbeiten nach seinem Studium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe die Fülle der vorgefundenen Objekte, die aus unserer Verwertungsgesellschaft als alt, unbrauchbar und nicht mehr funktionstüchtig, als abgenutzt und nicht mehr modern, ausgesondert werden, auf ihre formalen Bedingungen. Er stellt vor dem Hintergrund des Materials, seiner haptischen Eigenschaften oder seiner Farbe neue Zusammenhänge her, die eine andere künstlerische und oft auch eine persönliche Realität außerhalb der ursprünglichen Funktion zeigen, die allerdings immer mit der ersten Welt der Objekte durch die Geschichte der Gegenstände oder ihrer Fragmente und durch Lebens- und Alterungsspuren verbunden bleibt.
In oft skurrilen Umformulierungen erleben die Materialien Wandlungen zur zeichenhaft strengen Skulptur, die in eine von jeglicher ehemaligen Funktion befreite autonome Form münden, weit entfernt von einer neuen romantisierenden Recyclingmode. Die aus unermüdlicher vergleichender Beobachtung zwangsläufig sich ergebende Sammlungstätigkeit führt zu serieller Arbeit, deren Ergebnis raumgreifende Installationen sind. Begleitet wird plastisches, objekthaftes Arbeiten immer durch Zeichnungen, die der Klärung von Form- und Funktionszusammenhängen dienen, die aber auch immer eine eigenständige Qualität bewahren, deren Wesen die handschriftähnliche Dynamik von Linie und Form ist. Die Annäherung dieser doch so unterschiedlichen bildnerischen Mittel, der der Fläche verhafteten Mal- und Zeichenaktion und die der dreidimensionalen, raumgreifenden Skulpturen ist auffällig, bekommen doch große monumentale Objekte oft den Charakter einer Raumzeichnung, indem sie die Geste einer Signatur beanspruchen.
Dieser weite Bogen, der vom objet trouvé ausgeht und in streng komponierter, abstrakter Form, in dynamischer Zeichengeste oder großformatiger Malerei und in der Assemblage von Alltagsgegenständen endet, kennzeichnet das Werk von Rainer Selg.
Donnerstag, 1. Dezember, 19 Uhr, Rathaus Walldorf. Die Ausstellung läuft bis 20. Januar 2017.
Rainer Selg, O. T., 2010, Acryl, Leinwand
Text und Foto: Stadt Walldorf