Europäischer Feldhamster ist Wildtier des Jahres 2016
Die Schutzgemeinschaft deutsches Wild kürte erneut den Europäischen Feldhamster (Cricetus cricetus) zum Wildtier des Jahres. Die Nagerart erhielt den Titel bereits 1996.
Die erneute Verleihung will auf die anhaltende Gefährdung der Art aufmerksam machen. In großen Teilen Europas ist der Feldhamster gefährdet oder gar vom Aussterben bedroht.
Eines der beiden letzten Feldhamstervorkommen in Baden-Württemberg befindet sich am Rand von Mannheim.
Der Feldhamster bewohnt vor allem offene Ackerlandschaften. An Feldrändern gräbt er seine bis zu zwei Meter tiefen Bauten, in denen sich mehrere Kammern befinden, die zur Jungenaufzucht, als Schlafnest oder als Vorratskammer dienen.
Darin legt er seine Wintervorräte an, indem er in seinen Backentaschen vor allem Getreide hineinträgt – er „hamstert“ sprichwörtlich. Ein einzelnes Tier kann im Extremfall so bis zu 30 kg Samen sammeln!
Diese braucht der Nager, um während seines Winterschlafs nicht zu verhungern. In der Regel reichen ihm aber 1 – 2 kg an Sämereien. Von September bis März hält der Feldhamster Winterruhe und wacht nur alle paar Tage auf, um etwas zu fressen. Während der übrigen Zeit liegt er zusammengerollt in seinem Schlafnest.
Im Zoo Heidelberg können Besucher einen Einblick in einen solchen Feldhamsterbau bekommen, in der Nähe der Hamsterzuchtstation im Zoo befindet sich hierzu ein spezieller „Schaukasten“.
Dort kann man den dämmerungsaktiven quirligen Nager mit etwas Glück beobachten, wie er sein Schlafquartier vorbereitet oder sein Futter in die Höhle bringt.
Da auch im Rhein-Neckar-Kreis die Populationsgrößen zurückgehen, wurde 2002 ein Artenhilfsprojekt gegründet. 2004 wurde im Zoo Heidelberg ein Zuchtprogramm für den Feldhamster aufgebaut.
In der dortigen Zuchtstation, die von den Dipl.-Biologen Dr. Ulrich Weinhold, Lisa Heimann und Marco Sander betreut wird, leben momentan knapp 170 Tiere.
Das erfolgreiche Projekt erreicht alljährlich eine gute Nachwuchsquote, sodass regelmäßig Jungtiere in Mannheim ausgewildert werden können. Jeden Mai werden Jungtiere des Vorjahres mit elektronischen Chips zur Identifikation ausgestattet und in vorbereiteten Gebieten angesiedelt.
Einige von ihnen bekommen auch ein Senderhalsband, mit denen auch mehrere Monate nach der Auswilderung ihr Aufenthaltsort bestimmt werden kann.
So kann inzwischen mit Hilfe des Zuchtprogrammes und der einhergehenden Sensibilisierung für die Bedrohung eine leichte Erholung der Population beobachtet werden. Das Überleben der Feldhamster bei Mannheim ist jedoch noch nicht gesichert.
Die akute Bedrohung des Feldhamsters ist eine Folge unterschiedlicher Umstände: Zum einen ist es die Modernisierung der Landwirtschaft, in der die Getreideernte verstärkt mit immer effektiveren Maschinen erfolgt, sodass für die Ernte statt mehrerer Wochen nur noch kurze Zeit benötigt wird.
Die wesentlich gründlichere Einbringung des Ertrages lässt kaum Reste auf den Feldern. So gelingt es dem Feldhamster nur schwer, die benötigten Wintervorräte zu sammeln. Zudem werden auf den Feldern kaum Stoppeln stehen gelassen, die dem Nager als Deckung gegen Fressfeinde dienen können.
Zahlreiche Hamstertode gehen daher auf das Konto von Fuchs, Habicht und Co. Hinzu kommt, dass die verbliebenen Lebensräume für Neubaugebiete sowie Straßenbau erschlossen und die Ackerflächen so weiter reduziert werden.
Durch dieses sukzessive Zusammenspiel entwickelte sich der Europäische Feldhamster, der einst als Ernteschädling und Plage galt, zu einer vom Aussterben bedrohten heimischen Tierart.
Für die Schutzgemeinschaft deutsches Wild ist er ein drastisches Beispiel für den Wandel in der Existenz von Tierarten innerhalb weniger Jahrzehnte, verursacht durch den Menschen, seine Ausbreitung und technischen Methoden.
Gab es den Hamster noch vor 40 Jahren in so großen Beständen, dass hauptamtliche Fänger auf ihn angesetzt wurden, so zählt er heute zu den lokal vom Aussterben bedrohten Tierarten.
Seine erneute Wahl zum „Tier des Jahres“ soll weiterhin helfen, um Öffentlichkeit, Wissenschaft und Naturschutz zu seiner Erhaltung zu sensibilisieren.
Weitere Informationen zum Artenschutzprojekt „Feldhamster in Mannheim“ finden Sie auch in den Jahresberichten unter: https://www.mannheim.de/buerger-sein/downloads.
Quelle Text: Zoo Heidelberg Fotos: Ulrich Weinhold/Zoo Heidelberg (oben) – Peter Dollinger/Zoo Heidelberg (mit Jungtier)