Neophytenbekämpfung im Regionalen Waldschutzgebiet „Schwetzinger Hardt“:
Spaten und Grabgabel bringen Licht in den Kiefernwald
Um den seltenen und gefährdeten Weißmoos-Kiefernwald in der „Schwetzinger Hardt“ zu erhalten, bedarf es großer Anstrengungen. Das Kreisforstamt und die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg sind dort derzeit wieder gefordert: Auf 24 Hektar entlang des Dünenzugs am „Hohen Stein“ geht es der eingeschleppten und sich aggressiv vermehrenden Amerikanischen Kermesbeere an die Wurzel.
Forstwirtschaftliche Maßnahmen werden selten wissenschaftlich untersucht, nicht so bei diesem Projekt. „Wenn wir der aggressiv eingewanderten Kermesbeere nicht Einhalt gebieten, hat der ökologisch wertvolle Weißmoos-Kiefernwald in der Hardt keine Zukunft mehr“, ist sich Dr. Mattias Rupp von der Freiburger Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg sicher.
An 50 Punkten wird in regelmäßigen Abständen untersucht, welche Pflanzenarten vorkommen und wie sich die Beschattung am Waldboden entwickelt. Durch dieses aufwändige Monitoring wollen die Freiburger Wissenschaftler ermitteln, welche Pflegemaßnahmen sinnvoll sind und wie sich Abläufe und Kosten optimieren lassen.
„Wir sind die ersten in ganz Baden-Württemberg“, so Dr. Rupp, „die mit so einem systematischen Ansatz die Kermesbeere bekämpfen und parallel dazu wissenschaftliche Untersuchungen durchführen“. Da sich der Neophyt inzwischen in weiteren Regionen im Oberrhein ausbreitet, werden auch andere Waldbesitzer von den hier gemachten Erfahrungen profitieren.
Der ganze Aufwand verspricht jedoch nur dann den gewünschten Erfolg, wenn die Pflegetrupps die Neophyten auf der gesamten Projektfläche vollständig entfernen und in regelmäßigen Abständen wieder säubern. Im Staatswald am Reilinger Eck hat ein vierköpfiger Pflegetrupp in den letzten Wochen mit Spaten und Grabgabeln alle Kermesbeeren ausgegraben und auf grünen Plastikfolien zum Trocknen ausgelegt.
Im Walldorfer Stadtwald sind Schüler eines örtlichen Gymnasiums und einer Förderschule dabei, den wild wuchernden Neophyt zu bekämpfen. „Das ist ein schweißtreibender Knochenjob“, erläutert der zuständige Forstrevierleiter Gunter Glasbrenner. Denn keinesfalls dürfen Samen oder Wurzelteile wieder in den Boden kommen, sonst treibt die Kermesbeere erneut aus.
Die hoch aufgetürmten Pflanzenreste fallen vielen Waldbesuchern am Reilinger Weg auf. Und im Herbst müssen die bis dahin aufgewachsenen Kermesbeeren erneut entfernt werden. Was dann jedoch einfacher geht, da die frisch ausgetriebenen Pflanzen schwächer sind und mit wenig Aufwand einfach mit der Hand herausgezogen werden können.
Bereits jetzt zeigen sich erste Erfolge: Auf der im Herbst 2014 bearbeiteten Probefläche ist es viel leichter, die Neophyten zu bekämpfen. „Am Ende der dreijährigen Projektlaufzeit“, so Revierförster Glasbrenner, „können wir die Kermesbeere mit überschaubarem Aufwand in Schach halten“. Die aktuell laufende Maßnahme kostet das Land über 13.000 Euro.
Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.schwetzinger-hardt.de.
Termin zur Fahrrad-Exkursion:
Förster Gunter Glasbrenner informiert bei einer Fahrrad-Exkursion interessierte Teilnehmer über die forstlichen Naturschutzmaßnahmen am Saupfergbuckel
und die Neophytenbekämpfung am Reilinger Eck. Termin: Freitag, 10. Juli 2015, 18-20 Uhr, Treffpunkt: Parkplatz am Reitverein / Schützenhaus in Walldorf (kostenlos, ohne Anmeldung).
Hintergrund-Information zur Neophytenbekämpfung:
„Neophyten“ nennen Botaniker aus anderen Kontinenten eingeschleppte Pflanzenarten, die sich in ihrer neuen Heimat fortpflanzen und verbreiten.
Teilweise -wie hier in der „Schwetzinger Hardt“ – sind sie so invasiv, dass sie für die vorhandenen Pflanzengesellschaften zum Problem werden. So hat sich die „Amerikanische Kermesbeere“ in den lichten Kiefernwälder der „Schwetzinger Hardt“ eingenistet und stellenweise ein schier undurchdringliches, etwa zwei Meter hohes Dickicht gebildet.
Ebenfalls aus Nordamerika ist ein zweiter Einwanderer in das regionale Waldschutzgebiet eingedrungen: Die „Spätblühende Traubenkirsche“ erreicht vereinzelt bereits Wuchshöhen von über drei Metern.
Der ursprünglich hier vorhandene „Lichte Weißmoos-Kiefernwald“ hat nur dann wieder eine Chance, wenn der Mensch diese Neophyten durch Pflegemaßnahmen zurückdrängt. Denn wenn sich die Neophyten weiter ausbreiten, verdunkeln sie die jetzt noch lichten Stellen im Kieferwald und die abfallenden Blätter und Beeren verändern die Nährstoffverhältnisse im Boden.
Durch ihre aggressive Konkurrenz werden die hier standorttypischen Moose, Pilze, Krautpflanzen und Baumarten verdrängt. Das Kreisforstamt des Rhein-Neckar-Kreises in Neckargemünd hat deshalb zusammen mit der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) ein Pilotprojekt zur Erhaltung des Weißmoos-Kiefernwaldes in der „Schwetzinger Hardt“ ins Leben gerufen.
Das im Herbst 2014 auf einer kleinen Fläche im Staatswald begonnene Projekt läuft insgesamt über drei Jahre. In dieser Zeit werden forstliche Pflegetrupps auf insgesamt 24 Hektar Waldfläche die Neophyten bekämpfen.