100% Erbschaftssteuer – Utopie oder eine Frage der Gerechtigkeit?
Professor Guy Kirsch
Eine Veranstaltung der Evangelischen Kirchengemeinde Walldorf
am Sonntag, 19.03.2017, um 19 Uhr im Evang. Gemeindehaus, Walldorf, Schulstraße 4
„Meine Kinder sollen es einmal besser haben“ – so ähnlich dürfte bei vielen die Antwort ausfallen, wenn ihnen die Frage nach dem Vererben von Eigentum gestellt wird.
Und genauso deutlich dürften die Aussagen ausfallen, wenn es darum geht, dass der Staat doch seine fiskalischen Finger aus diesem Thema herauszuhalten hat. Aber so eindeutig scheint die Frage nach der Erbschaftssteuer nicht zu sein. Im vergangenen Jahr erst hat sich die deutsche Politik mit viel Anlauf und nur aufgrund der Auflagen des Bundesverfassungsgerichts zu einer Neuregelung der Erbschaftssteuer durchgerungen,
Doch gelöst ist das Thema der Besteuerung von Erbschaften damit nicht. Denn es ist eine Tatsache: nicht nur die Armut wird in Deutschland von Generation zu Generation vererbt, auch der Reichtum und damit die Startchance für jede neue Generation.
Die Frage, was angesichts dieser Gegebenheiten eine „chancengerechte“ Lösung sein kann, blieb die Politik bislang schuldig. Obwohl Erbschaften dem Leistungsprinzip widersprechen, weil sie dem Begünstigten ohne eigene Leistung zufallen, sind sie in den westlichen Demokratien bislang weitgehend unumstritten.
Vielmehr wird die daraus resultierende Ungleichverteilung von Vermögen gerade mit dem Leistungsprinzip gerechtfertigt, denn: “wer viel leistet, soll viel haben“ und schließlich motiviert die Möglichkeit des Vererbens den Fleiß des Erblassers, der seinen Kindern und Enkeln zu gutem Leben und materieller Sicherheit verhelfen möchte.
Doch ganz gleich wie man es betrachtet, keine Institution ist für das Fortbestehen sozialer Ungleichheit so bedeutsam wie die Vererbung von beträchtlichem Vermögen.
Der Umgang mit der sozialen Spaltung unserer Gesellschaft mag auf verschiedene Weise möglich sein. Die Erbschaftssteuer ist dabei eine der umstrittensten und wird bislang meist mit klarer politischer Verortung geführt: – auf der „linken“ Seite die Befürworter und auf „liberaler“ Seite die Gegner. Was aber, wenn ein zutiefst liberaler Wirtschaftswissenschaftler eine Erbschaftssteuer von 100% fordert?!
Und was soll mit dem jährlich in Deutschland vererbten Vermögen geschehen, das in Simulationsrechnungen mit bis zu 300 Milliarden Euro beziffert wird? Was sind die Argumente für und gegen diesen „radikalen“ Vorschlag?
Das ist eine Diskussion, die jeden von uns angeht – ganz egal, ob er oder sie etwas hinterlassen bzw. erben kann oder nicht. Die gerechte Verteilung des Vermögens einerseits und die praxistaugliche Umsetzung in einer auf freiem Unternehmertum basierenden Volkswirtschaft andererseits bestimmen die Zukunft unserer Demokratie.
Punktsieben freut sich, den emeritierter Ökonomieprofessor Guy Kirsch zu diesem spannenden Thema begrüßen zu dürfen. Er gehört zu den Pionieren der Neuen Politischen Ökonomie, die versucht, Politik mit den Methoden der Volkswirtschaftslehre zu analysieren.
Schnell – aktuell – informativ über Themen aus Gesellschaft und Kirche / Politik und Religion / Wirtschaft und Ethik / Weltreligionen und Christentum informieren und kontrovers diskutieren.
Das bietet die Initiative der Ev. Kirchengemeinde Walldorf „punktsieben – Foyer am Sonntagabend“.
Kompetente Referenten informieren aus aktuellem Anlass über Themen, die unser Land bewegen und werden dabei von Mitgliedern der Projektgruppe Punktsieben kritisch hinterfragt.
Und natürlich kommen auch die Fragen der Zuhörer nicht zu kurz.
Weitere Informationen unter: www.punktsieben.org
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an: Marina von Ameln, Pfarrerin. Tel.: 06227- 35 80 86-0
Quelle: Rainer Dörlich